Neue Studiengänge brauchts, schneller, "strukturierter" (das steht für verschulter) und "internationaler" (das steht für Blabla): Das jedenfalls ist das Credo, das nicht nur CHE und BMBF so lange wiederholt haben, bis es die meisten Menschen geglaubt haben. Die neuen Bachelors und Masters wird zwar wahrscheinlich niemand erwerben und anstellen wollen -- dies jedenfalls mag mensch aus den Erfahrungen in Dänemark schließen -- aber der Zug ist abgefahren, das Zusammenfantasieren neuer Studiengänge ist ein beliebtes Hobby unter ProfessorInnen mit Profil- oder anderen Problemen (womit natürlich nicht gesagt sein soll, dass ein Studiengang nur deshalb Quatsch ist, weil er auf einen Master führt).
Jedoch: Die neuen Studiengänge sind nicht nur eine Sache zwischen Profs und Studis, auch die Verwaltung bekommt da einiges ab, denn in Zukunft soll -- so die "Eckwerte" des Ministeriums (dieses Dokument ist nicht mehr ganz aktuell, das neueste Eckwertepapier ist aber noch schlimmer) -- studienbegleitend geprüft werden, also weitgehend wie mensch das aus der Schule gewöhnt ist: Keine Veranstaltung ohne typischerweise benoteten Schein. Der Lohn der Mühen kommt dann beim Abschluss, es entscheidet eben kein halbes Stündchen mehr über die Note, mit der die Alma Mater ihre Schäflein ins Leben entlässt.
Mensch ahnt schon, dass hier eine unwahrscheinliche Menge Bürokratie auf Sekretariate und Prüfungsämter zurollt, denn bei 180 ECTS-Punkten für einen Bachelor und im Mittel vielleicht 5 ECTS-Punkten pro Veranstaltung müssen am Ende eines Studiums irgendetwas wie 40 Scheine mit und ohne Noten nach irgendwelchen Punkteschlüsseln verrechnet werden, ggf. noch in optimaler Kombination. Halbjährliche Zeugnisse (die kann mensch dann Statusreport oder Transcript nennen oder auch sonstwie) müssen häufig auch irgendwie erzeugt werden, und schließlich machen Prüfungsordnungen, die feingesponnene Webwerke obligatorischer und optionaler "Module" verschreiben, das Leben künftiger SekretärInnen nicht einfacher: Ohne Bruder Computer ist dieser deregulierte Papierkram nicht mehr zu schaffen.
Weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit hat das Rektorat jetzt angefangen, sich dieser Papierlawine zu stellen. Nachdem es wohl schon Ende des Sommersemesters ein Treffen gegeben hat, während dessen verschiedene Anbieter von Lösungen Dog and Pony Shows liefern durften, fiel nun -- glaubt mensch gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen -- die Wahl auf HISPOS, ein Programm des hier schon öfter meist eher positiv erwähnten HIS. Angeblich hat bereits eine Sitzung stattgefunden, während der VertreterInnen verschiedener Fakultäten mit konkreten Vorbereitungen zur Einführung dieses netten kleinen Programms begonnen haben. Das alles, versteht sich, ohne Beteiligung der Studierenden. Da genau diese aber sicherlich die Hauptleidtragenden der "Lösungen" sein (ok, gleich nach den Verwaltungen, die überdies immer noch am Impulse-Disaster zu knabbern haben), ist das vielleicht etwas dreist -- und außerdem unklug, da der Redaktion so auf Anhieb mal mindestens 20 Studis einfallen, die es in Sachen einschlägiger Kompetenz vermutlich mit all den beteiligten "Entscheidern" zusammen ziemlich locker aufnehmen können.
Aber so ist das im Ständestaat Uni (oder ist sie mittlerweile schon eine merkantilistische Manufaktur geworden?): Die Leibeigenen erreichen Nachrichten als letzte, und entscheiden dürfen sie schon gar nicht. Dennoch wäre es nett vom Rektorat gewesen, diese Fragen wenigstens mal in der immerhin noch marginal demokratischen Senatskommission gKI oder im thematisch mit verwandten Themen befassten SAL diskutieren zu lassen, statt eben alles im Kabinettsstil abzuhandeln. Nebenbei: Der SAL hätte eigentlich diesen Dienstag tagen sollen, die Sitzung wurde jedoch abgesagt. Hauptgrund für derartige Absagen ist in der Regel, dass es keine Themen für eine Sitzung gibt. So also können die zaghaften Ansätze von Demokratie an der Uni auch begraben werden.
Wer nicht ausgesprochen heftig protestieren möchte, kann da eigentlich nur noch ein "Kurzinfo" über HISPOS (Warnung: 7 Megabyte PDF!) lesen und der Dinge harren, die da kommen mögen. Viel Spaß euch, und viel Spaß der Verwaltung.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 09.03.2005