Nicht nur Wissenschaftsminister Trotha zählt gern, wie viele JapanerInnen seine (Privat-) Hochschulen frequentieren -- auch der DAAD schmückt sich gern mit Menschen aus den ehemals aufstrebenden ostasiatischen Staaten. So kamen 1997 rund 3600 Studis aus der Region mit DAAD-Stipendien in die Bundesrepublik, vermutlich aber vor allem die falschen, nämlich die, die so überflüssiges Zeug wie Germanistik oder Theologie studieren.
Hier Abhilfe zu schaffen, hat sich der Siemens-Konzern auf die Fahnen geschrieben und hat heute mit dem DAAD vereinbart, dass dieser 2.7 Millionen Mark bekommt und dafür Ingenieurstudis von Thailand bis Korea zu importieren und noch 1.3 Millionen Mark draufzulegen hat. Siemens wirft außerdem PraktikantInnenstellen für die importierten Studis in den Topf: Fertig ist das "DAAD-Siemens Scholarship Program ASIA 21st Century" (wer nicht glaubt, dass die das so nennen, kann in der Presseerklärung nachsehen).
Eigentlich ist es ja ganz nett von den Herren Pierer und Co, dem edlen DAAD so eigennützig Geld zu schenken. Andererseits ist dieser Vorgang aber auch symptomatisch: Der DAAD, dessen öffentliche Förderung seit 1993 bei rund 360 Millionen Mark stagniert (vgl. DAAD-Jahresbericht), erschließt sich private Finanzierungsquellen, und diese privaten Finanzierungsquellen bestimmen dann natürlich den Charakter der Förderungsprogramme. Brave new world. Dann zählt mal eure Japaner. Und passt auf, dass keiner davon Kraushaar hat.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 10.12.2004
Am Morgen danach: Das AZ (oder was davon übrig ist) |
Heute morgen um zehn war Schlüsselübergabe beim Autonomen Zentrum: Die BetreiberInnen des AZ gaben ihr Gebäude in der alten Bergheimer Straße 7a ohne weitere Probleme an die Stadt zurück. Ende der achtziger Jahre hatten Bestrebungen begonnen, ein selbstverwaltetes Zentrum für linksradikale Politik und unkommerzielle Kultur in Heidelberg einzurichten, und nach der Amtsübernahme von Beate Weber war 1991 aus einer ehemaligen Druckerei (sinnigerweise "AZ-Weberdruck" -- der Trägerverein des Zentrums heißt "AZ-Gegendruck") ein Veranstaltungszentrum geworden, in dem seither nicht nur Discos, Konzerte und Volksküchen, sondern eben auch recht eindeutige inhaltliche Arbeit stattfand.
Seit heute morgen ist das nun vorbei, nachdem die Stadt sich außerstande sah, ein Ersatzgebäude bereitzustellen -- und das, obwohl bereits sein mindestens zwei Jahren klar war, dass die städtischen Pläne, Bergheim zu einer Flanier- und Kongressmeile umzubauen, sich mit der Existenz des AZ nicht vertrugen. Folglich hatte die Stadt offenbar große Sorge, dass die AZlerInnen ihr mühevoll hergerichtetes Domizil nicht so ohne weiteres aufgeben würden. In aller Eile wurde deshalb gleich nach der Schlüsselübergabe angefangen, den Gebäudekomplex niederzureißen. Eine Sitzblockade von knapp hundert Unentwegten, die selbst Kälte und Schnee nicht abschreckten, konnte die Abrissbagger nicht aufhalten. Ein dpa-belegter Stein flog allerdings gegen eine der Baumaschinen.
Wie geht es nun weiter? Die AZlerInnen wollen nicht aufgeben, OB Beate Weber zerdrückt ein paar Krokodilstränen, und am Samstag wird gegen das Vorgehen der Stadt demonstriert.
Das AZ im UNiMUT: AZ bleibt -- die jüngsten Ereignisse; Staatliche Repression -- über eine Polizeiaktion gegen das AZ; Mit uns in die Zukunft und Das Autonome Zentrum lebt -- schon vor über einem Jahr gabs eine Hausbesetzung, um Dampf hinter die Suche der Stadt zu machen; Rettet das AZ -- die Kündigung Ende 1996; und allenthalben in den Terminen.
Schon fast Krawall: Einer der Abrissarbeiter bedauerte, dass die AZlerInnen das Fenster seines Baggers und nicht die hohen Herren der Stadtverwaltung als Ziel für ihre Steine ausgesucht hatten. |
Nachtrag (5.2.): Im Vorfeld der morgigen Demo hat die Polizei große Sorgen und hat eine "Info-Hotline für besorgte und informationssuchende Bürger" eingerichtet: Ab morgen 8 Uhr erfährt mensch unter 06221/991012 oder 991013 alles wichtige über die Demo aus berufenem Munde.
Nach allerlei Unterschriften- und Gegenunterschriftenlisten in Sachen doppelter, einfacher, oder gar keiner Staatsbürgerschaft schwappt jetzt die Welle hirnzerfetzenden Bürgerschaftsirrsinns auch ins Netz. Der CSU-Nachwuchs von der Jungen Union Bayern (weil die JU unfähig ist, eine ordentliche Webseite zu machen, spar ich mir den Link) macht einen "Cyber Vote". Damit das ordentlich in die Hose geht, sollte jedeR LeserIn dieser Seiten (mit Ausnahme der hier in erstaunlicher Zahl hereingeschwemmten Burschis) bei der Abstimmung der JU ganz geschwind mitstimmen.
Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels hatten 536 Leute ihre Stimme abgegeben, nur 27% richtig. Das kann ja nur noch besser werden.
Nachtrag (5.2.): Mittlerweile hat sich das Stimmverhältnis zum positiven gewendet, 54% finden die doppelte Staatsbürgerschaft gut. Noch viel besser aber ist die Abstimmung gegen einen unbegrenzten Zuzug bayrischer Staatsbürger. Handelt jetzt. Unser Land ist in Gefahr.
Nachdem der VRN das Semesterticket zum Wintersemester gekündigt hat, um massive Preiserhöhungen durchzusetzen ist die Zukunft (relativ) billigen öffentlichen Nahverkehrs für die Studis in Heidelberg ziemlich ungewiss (mehr dazu in UNiMUT 164 und UNiMUT 165. Wer in der Sache auf dem Laufenden bleiben, vielleicht sogar mitgestalten will, ist herzlich eingeladen, sich auf die brandneue Mailingliste zum Thema einzutragen. Dazu schreibt mensch eine Mail an majordomo@fsk.uni-heidelberg.de, in deren Body (also nicht im Subject/Betreff) die beiden Worte "subscribe semesterticket" stehen. Wer etwas auf die Liste setzen will, kann an semesterticket@fsk.remove.uni-heidelberg.this.de.crap schreiben, wobei er/sie natürlich die Worte remove, this und crap aus der Adresse entfernen muss (sie sind drin, weil allerlei Spammer ständig Adressen von den UNiMUT-Seiten runterpflücken und die AbonnentInnen der Semesterticket-Liste weder an hottest asian chicks noch an unique opportunities at the stock exchange interessiert sind.)
Mit weniger Mailkünsten kommt aus, wer sich über das Webinterface auf die Liste setzt. Der UNiMUT übernimmt jedoch keine Garantie, dass das auch funktioniert.
Die Ruinen des alten AZ waren schwer bewacht |
Noch präsenter war die Staatsgewalt allerdings vor der Residenz von OB Beate Weber -- Wortbruch verursacht schlechtes Gewissen |
Das Autonome Zentrum Heidelberg ist -- wir hatten berichtet -- seit dem 1.2. wenigstens vorläufig Geschichte. Heute hatten die BetreiberInnen des ehemaligen AZ die ganze Republik zu einer Demonstration gegen den Abriss, den Wortbruch Beate Webers und für ein neues Domizil fürs AZ geladen. Zwar kamen kaum 1000 der 80 Millionen Eingeladenen, dafür aber so in etwa die ganze Polizei Baden-Württembergs, die infolgedessen auch ein recht massives Parkplatzproblem zu lösen hatte.
Das große Aufgebot hätte sich die Polizei sparen können: Die Demonstration verlief überaus friedlich, allein die anfängliche Weigerung der Polizei, die Demonstration mit Seitentranspis loslaufen zu lassen und ihr Bestehen auf einem Spalier für die Demo selbst in der ohnehin engen Heidelberger Hauptstraße ließen gelegentlich etwas Spannung in der feucht-kühle Spätwinterluft entstehen. Erst nach der Abschlusskundgebung spielten noch ein paar versprengte AktivistInnen am Bismarckplatz ein wenig mit der Polizei, die sich beim Freihalten der Sophienstraße beweisen durfte.
Etliche Redebeiträge wirkten ein bisschen wie ein Abgesang auf eine Ära -- "das AZ war..." war nur allzu oft zu hören. OB Beate Weber bekam auch ihr Fett ab: "Ihr sollt es alle wissen -- Beate hat beschissen" tönte es vor dem Rathaus, hatte Weber doch noch vor einem Jahr fest versprochen, das AZ werde nicht geräumt, ehe gleichwertiger Ersatz bereitstehe. Allerdings scheint sich die Stadt augenblicklich wirklich ein wenig Mühe zu geben, Raum fürs AZ zu finden. Allerdings: Das AZ darf nicht mitgucken, die Begehung eines ins Auge gefassten stillgelegten Bahnbetriebswerks fand nur im kleinen Kreis statt.
Fazit: Ein großes Polizeiaufgebot bewachte eine friedliche Demo zwischen Un- und Wehmut.
vom Spiegel sind wieder Leute von Emnid unterwegs, um Studis zu befragen, ob das Essen in ihren Mensen schmeckt. Eigentlich ja ganz lustig, würden nicht so schrecklich viele arme kleine Studis an diesen Hokuspokus glauben (unsere Logs lassen da Böses ahnen). Michael Bayer aus Marburg hat nun aus dieses zweihundertsten überflüssigen, wenn nicht schädlichen, Uni-Rankings eine erhaltenswerte Mail über das BASIN verteilt, die wir unseren LeserInnen nicht vorenthalten wollen.
Er hat sich unter anderem mit der Allgemeinen Magisterprüfungsordnung befaßt - ihr erinnert Euch... und erwartungsgemäß wurden die 9 Semester Regelstudienzeit verabschiedet. Zwar wurden die Gegenargumente nochmals vorgetragen, aber des Rektors "das Ministerium lehnt es ab, wenn da nicht 9 Semester steht..." überzeugte dann doch. Warum dann eigentlich abgestimmt wurde, konnte niemand so recht erklären... Auch über die UG-Novelle wurde gesprochen. Der Rektor hatte ja einige ihm wichtige Auszüge daraus verschickt - nicht alle, denn er wollte wahrscheinlich nicht, daß sich die Leute zu viel Streß machen und außerdem ist der Entwurf ja so schrecklich geheim - über die sich die Mitglieder des Senats austauschten. Eine intensivere Diskussion will der Rektor mit den DekanInnen führen, um dann in einem Gespräch mit dem Verwaltungsrat einen Resolutionsentwurf zu erarbeiten, der dann im Senat im März durchgestimmt werden kann.
Es war wohl gut, dass der AK Semesterticket seine heutige Veranstaltung von VV in Infoveranstaltung umbenannt hat -- mit den 13 Leutchen, die den Weg in die neue Uni gefunden haben, wäre VV-mäßig wirklich kein Staat zu machen gewesen. Es mag ja schon zu denken geben, dass sich so wenig Studis bereitfinden, sich angesichts der Krise ums Semesterticket zu engagieren oder doch wenigstens mal nach der Mensa an der Meinungsbildung teilzunehmen. Vielleicht kann mensch den VeranstalterInnen unter diesen Umständen ein wenig Gegrummel von "dann lassen wirs halt platzen" nachsehen.
Ein Gutes hatte der kleine Kreis: Es wurde ziemlich konstruktiv diskutiert, wie auf das Vorgehehn des VRN zu reagieren sei. Einig waren sich die Anwesenden, dass der VRN-Vertragsentwurf eine schlichte Frechheit ist. Darüber hinaus wurden etliche Verhandlungsstrategien entworfen. Fest steht nun, dass eine Erhöhung des Solidarbeitrags (z.Zt. 19 Mark, die mit dem Sozialbeitrag des Studentenwerks eingezogen werden) nicht akzeptabel ist, sondern vielmehr eine Senkung angestrebt werden sollte; zudem könnte, quasi als Gegenleistung für diese 15 oder wie viel auch immer Mark, wenigstens die HSB nach 19 Uhr den Studentenausweis als Fahrkarte akzeptieren, ganz so, wie das der Karlsruher Verbund KVV schon seit Jahren praktiziert.
Etwas mehr Verhandlungsspielraum sahen die BesucherInnen der Veranstaltung hingegen bei einer Erhöhung des Ticketpreises. Hierbei wurde allerdings vorgeschlagen, bei einer Neuverhandlung des Vertrags festzulegen, dass gewisse Verbesserungen im Nahverkehrsangebot vor der Preiserhöhung realisiert sein müssen, um nicht wieder, wie beim noch laufenden Vertrag, zwar mehr zu bezahlen, die im Vertrag eigentlich vorgesehenen Angebotsverbesserungen jedoch nicht umgesetzt werden. Dies würde die Studierenden besser stellen als der bisherige Vertrag, der dem VRN das Recht zur Erhöhung des Verkaufspreises nach Absprache und im Rahmen der üblichen Tariferhöhungen einräumte.
Dass der VRN das Ticket platzen lassen wird, wurde allgemein für unwahrscheinlich gehalten, hat doch das hochdefizitäre Unternehmen durch dieses Angebot Mehreinnahmen von rund 5 Millionen Mark gegenüber dem vorherigen Zustand (die Zahl ist zwar schon etwas älter, dürften aber grob immer noch stimmen), auf die es kaum verzichten können dürfte. Deshalb sind die Studierenden in den Verhandlungen in einer sehr starken Position, die es ermöglicht, die Frechheit, die der VRN der Uni hat zugehen lassen, angemessen zu antworten.
Der Wahn, private Unis könnten irgendeine Sorte Antwort auf irgendwelche ernstzunehmenden Probleme der hiesigen höheren Schulen bieten, greift weit nach Norden aus: Vorgestern verkündete der Bremer Landesvater Henning Scherf, er habe satte 230 Millionen Mark springen lassen, um in einer alten Kaserne ein "neues Kaptitel in der deutschen Universitätsgeschichte" zu schreiben. Dass es schon längst eine "International University in Germany" gibt, störte ihn nicht, und wir in BaWü sind plötzlich dankbar, dass Trotha bei seinen Privatuniplänen nur zweistellige Millionenbeträge verschleudert.
Also, "International University in Germany" war nicht, demnach also "International University in Bremen", kurz IUB. Richtig geraten, so heißt der Laden, und eine Homepage hat er auch schon, auf die mensch zwar nicht von der Webseite der Stadt Bremen findet, wohl aber von der des "Internationalen Partners" des Unterfangens, der Rice University aus Houston. Auf dieser -- zum gegenwärtigen Zeitpunkt recht inhaltsarmen -- Seite wird in gebrochenem Englisch verkündet, die IUB sei "an independend (sic!) instution for the advancement of education, research, international leadership and global citizenship".
Ansonsten wird von Mission Statements daherfantasiert, dass es nur so kracht, dargelegt, die Rektoren der deutschen Universitäten hatten um "welfare" zu verhandeln, was viel schlechter sei als Telekom-Boss Ron Sommer, Spätzle-Korrupto Lothar Späth, Hilmar "Peanuts" Kopper von der Deutschen Bank und Hans-Dietrich "Einheit" Genscher als Quotenossi in einem Beirat sitzen zu haben, der über die Umsetzung des "Mission Statements" zu wachen hat und ansonsten den Präsidenten der Uni wählt, seinen Haushalt genehmigt und überhaupt sagt, wo es langgeht. Parallelen zu unserer UG-Novelle sind rein zufällig.
Und, klar, die "high quality of the student body" soll gesichert werden. Wer so weit runtergekommen ist, dass sie/ihn so eine Menschenverachtung nicht mehr stört, darf dann viel Geld bezahlen (230 Millionen Mark reichen eben doch nicht) und bekommt dann in ab Herbst 2000 (!) in den "first smallest entering classes" noch nicht näher spezifiziertes Wissen in Kleinhäppchen serviert, auf dass ja nicht zu viel Selbstständigkeit aufkommen kann. Klar ist, dass es Ph.D.s, Masters und Bachelors geben soll. Wenn nur das mal geklärt ist, braucht mensch sich ja um die Inhalte nicht mehr zu besorgen.
Was ein himmelschreiender Unsinn. Beten möchte mensch, dass das alles nur ein böser Traum ist. Die Junge Welt witzelt schon vom "Nachzuchtverein höherer Germanen". Der Redaktion hingegen vergehen die Spässe allmählich. Obwohl: "Houston an Scherf -- Houston an Scherf -- können Sie uns hören? Houston an Scherf..."
Im diesjährigen Streit um das Studiticket meldet sich auch mal wieder die Gemeinderatsfraktion der Grün-Alternativen Liste Heidelberg zu Wort. In einer Presseerklärung (sorry wg. des beschissenen HTML, die GAL hat das mit Microsofts Hilfe so -- eigentlich noch etwas schlimmer -- erzeugt) bezeichnet sie die Pläne des VRN als "nicht nachvollziehbar" und fordert eine Umsetzung eines Gemeinderatsbeschlusses vom 9.5.96 sowie ein ernstzunehmendes Netz von Nachtbussen. Aber lest doch einfach selbst.
Wer nicht glauben wollte, was wir in unseren beiden Artikeln zu Trothas jüngstem Anschlag auf die Vernunft geschrieben haben (UNiMUT 162 und UNiMUT 166), kann sich jetzt in einer OCRten Fassung der UG-Novelle (dank an Teile der ruprecht-Redaktion, die sich die Arbeit gemacht hat) selbst überzeugen. Aber folgt dem Link nur, wenn ihr gerade fest sitzt.
Nicht nur in Sachen Bachelor und Master werden die Blicke hiesiger "Entscheider" fast magisch auf die USA gezogen, wo, so der feste Glaube dieser Herren (über gewiss vorhandene Damen im Entscheidergeschäft ist der Redaktion nichts bekannt), alles effizienter und überhaupt besser ist. Europäische Kritik an diesen "Entscheidern" haben wir hier oft genug geäußert -- aber auch in den USA selbst gibt es Stimmen, die im Gegenzug den USA genauere Blicke auf Europäische Traditionen ans Herz legen. Im Kontext des augenblicklich in fast der gesamten Computerbranche gehypten Open Source Movements hat etwa ein Mitarbeiter des Verlags O'Reilly jüngst einen Artikel publiziert, dessen Fazit lautet:
...Europe's communitarian reflexes may well play as a strength, while U.S. commercial prejudices and predispositions may cause America to take a back-seat, if not miss the bus entirely. Only time will tell.
Der Artikel geht auch explizit auf die "Academia" ein:
Americans often perceive Europeans as highly politicized and philosophical. Whether that reputation is deserved or not, it's pretty clear that -- in the academy at least -- there are some pretty high-minded ideals in play. While academic tenure in the U.S. is increasingly a preamble to employment in the commercial sector, in Europe, state-run universities seem to prefer a little more distance from economic imperatives. Perhaps it is because they value (and fund) the Liberal Arts more vigorously. Perhaps it reflects government social welfare imperatives with which Europeans, for the most part, are clearly more comfortable than Americans. Maybe it's because the cult of wealth is less rampant than in the U.S.; certainly, higher rates of taxation make American-style amassments of personal wealth less plausible.
"Entscheider", hat ihr verstanden, dass der Mann hier von "assets" redet?
Wer die Nase voll hat von Leuten, die Multimediamarketing und Prozesskostenanalyse als praxisnahe Lehrinhalte verkaufen wollen, kann sich an einer Presseerklärung der TU Dresden wieder aufrichten: Selbstgängige Rottemietenbelüftung mit dem Dombelüftungsverfahren.
Die diversen Treuhandkontoaktionen gegen die Studiengebühren Marke Niedersachsen laufen wenigstens teilweise weiter. Während die Unis in Hildesheim, Clausthal-Zellerfeld, Braunschweig und Osnabrück nicht durchgekommen sind, haben Uni (mit über 7000 TeilnehmerInnen) und Musikhochschule Hannover ihr Quorum erfüllt und werden nun aller Voraussicht nach in den Boykott gehen. Oldenburg hat zur Zeit 3211 BoykotteurInnen, 4000 werden bis zum 25.2. gebraucht -- nach den Erfahrungen in Baden-Württemberg mit Studis, die immer bis zum letzten Drücker warten, möchte mensch fast erwarten, dass das realistisch ist. In Göttingen hatten am Montag 3300 Studis auf das Treuhandkonto eingezahlt, und dort sieht es schon viel schlechter aus, denn das Göttinger Quorum liegt bei 8650 Studis, und auch dort ist am 25.2. Schluss.
Also: Mindestens drei Unis werden wohl mit einem Treuhandkonto in den Boykott gehen. Das Experiment, das vor zwei Jahren bei uns ausfiel, kann also doch noch stattfinden. Umgekehrt haben einige Unis unsere Fehler von damals wiederholt -- in Osnabrück beispielsweise lag das Quorum mit 30% recht hoch, vor allem aber war die Frist doch zu knapp bemessen. Am 28.1. war alles entschieden, obwohl die Einschreibefrist von der Uni bis zum 28.2. verlängert worden war und immerhin schon 20% eingezahlt hatten. Besonders ärgerlich die Lage in Hildesheim, vor drei Jahren einsame Protestuni: Das Quorum wäre bei 1000 gewesen, eingezahlt hatten 967... Braunschweig wiederum erfüllt alle Klischees einer Technischen Hochschule: Nur 60 Leute erschienen am 12.2. zu einer VV, die das weitere Vorgehen beschließen sollte -- woraufhin die OrganisatorInnen entnervt aufgaben.
So werden uns wohl die Unis in Hannover und Oldenburg vorführen, was wir vor zwei Jahren und wieder in diesem Sommersemester so alles verpasst haben.
Seit Jahrzehnten wird an deutschen Unis der Mittelbau ausgedünnt -- was einerseits die Perspektiven von Menschen, die sich eine Existenz in der Wissenschaft basteln möchten, auf Prof oder Sozialfall reduziert, andererseits aber auch Löcher in der Lehre hinterlassen hat. Bisher wurden diese typischerweise mit wissenschaftlichen Hilfskräften gestopft, die auf Zeitvertägen Übungen, Tutorien, Praktika und dergleichen betreuten. Nun aber müssen auch die DoktorandInnen eilen, denn von der einen Seite droht der Trothatausi (nach vier Semestern Doktorarbeit sind offiziell Langzeitstudiengebühren fällig), von der anderen Seite schallen penetrant die Stimmen, die vom schnellen Studium schwadronieren. Dazu kommt, dass sich ohnehin immer weniger Studis auf die Promotion einlassen -- wieso auch, wenn mensch als WissenschaftlerIn mit 40 das große Arbeitslos ziehen wird und bis dahin für wenig Geld viel Stress hat.
Das Ergebnis: Die Fachbereiche sind in zunehmenden Schwierigkeiten, die Lehre aufrechtzuerhalten. Case in point ist die Fakultät für Physik und Astronomie, die das Dilemma fehlenden Personals besonders hart trifft. Was anderswo Seminare und Hausarbeiten, sind dort die Übungsgruppen, und wenn sich für diese keine BetreuerInnen finden, weiß niemand mehr, wer sich einen Schein verdient hat. Und das wäre ja schade.
Also greift das Dekanat zur Notbremse. Die DoktorandInnen der Heidelberger Astronomischen Institute bekamen am Freitag einen Brief, in dem zu lesen stand, "die Beteiligung der Doktorandinnen und Doktoranden an den Lehraufgaben der Fakultät" sei "kürzlich erneut diskutiert worden" -- mensch beachte den geschickten Einsatz des Passiv --, und die Ergebnisse der Diskussion sollten den Betroffenen jetzt mitgeteilt werden. Namentlich: DoktorandInnen haben jetzt ein "Semesterdeputat", ja sogar gleich zwei davon. Konkret heißt das, dass sie zwei Mal entweder ein Semester lang eine Übung oder ein Praktikum betreuen oder ein Blockpraktikum übernehmen. Und dann wird es noch lustiger: "Bei der Anmeldung zur Dispuation ist die Mitwirkung in der Lehre nachzuweisen." Das soll wohl so verstanden werden, dass, wer sein/ihr "Semesterdeputat" nicht erfüllt, gar nicht erst geprüft wird.
Aber das ist natürlich Unfug. Ohne Änderung der entsprechenden Prüfungsordnung ist eine solche Forderung, selbst wenn sie vom Dekan kommt und als Zumutung getarnt ist, nicht mehr und nicht weniger als eine freundliche Bitte. Und dieser Bitte muss niemand nachkommen. Ehrlicherweise kann dieses Nachkommen auch nicht empfohlen werden. Es ist wirklich nicht einzusehen, warum ausgerechnet DoktorandInnen die Suppe auch noch bis unter den Tellerboden auslöffeln sollen, die sich die Uni in Jahrzehnten nachgerade idiotischer Politik eingebrockt hat.
Als würde es nicht ausreichen, dass DoktorandInnen, so sie nicht immatrikuliert sind, überhaupt keine Vertretung an den Hochschulen haben (und auch sonst nur das bisschen, das Studis hier so zugestanden wird), dass ihre Stellen immer weiter zusammengestrichen und sie ins soziale Nichts der Graduiertenkollegs verbannt werden, dass ihre Perspektive in der Wissenschaft gleich null ist, dass sie vielfach mehr Arbeit für ihre BetreuerInnen leisten als für ihre eigene Dissertation... die Liste könnte noch eine Weile fortgesetzt werden. Als Extra scheint Dekan Eisele auch noch keinen Gedanken an den Umstand verschwendet zu haben, dass viele DoktorandInnen von Stipendien leben, die ihnen eine so umfangreiche Nebentätigkeit wie eine Praktikumsbetreuung untersagen.
Kurz: Mal wieder ein undurchdachter Schnellschuss, geboren aus Panik, entworfen in Unkenntnis, gemacht für die Schublade. Erschütternd nur, dass immer wieder genau die, die mit Macht auf den Graben zugehalten haben, nach dem Krach (oder kurz davor) groß dabei sind, Seile zu verteilen. In diesem Fall allerdings waren es noch nicht mal Bindfäden.