Nach der Winterpause beginnt das fröhliche Atommüllfahren erneut, und nach wie vor ist die Rhein-Neckar-Region Drehscheibe. Im Laufe der nächsten oder übernächsten Woche wird ein Transport aus Neckarwestheim (das ist zwischen Heilbronn und Stuttgart) hier durchfahren und wie gewohnt bei Karlsruhe über die Grenze nach Frankreich und weiter zur Giftschleuder am Cap de la Hague am Atlantik fahren.
Unwidersprochen bleibt das nicht -- am nächsten Sonntag, den 10.3., wird eine Demonstration zum AKW Neckarwestheim stattfinden. Treffpunkt ist in Heidelberg um 11.45 am Hauptbahnhof (der Zug führt um 11.59, aber vorher müssen noch Wochenendticket-Gruppen gebildet werden), in Kirchheim/Neckar am dortigen Bahnhof um 14 Uhr. Näheres ist auch beim Aktionsbündnis Castor-Widerstand Neckarwestheim zu finden.
Am Rande: Einen Transport in das Zwischen-Endlager in Gorleben -- auch er mit Stippvisite in unserer Nachbarschaft -- wird es frühestens im Herbst geben, nach der Bundestagswahl.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 21.03.2002
Wir hatten es schon kurz erwähnt: Das Entsetzen über die Konsequenzen der fünften Novellierung des HRG ist noch nicht abgeklungen, da werkelt das Bulmahn-Ministerium schon an der sechsten Novellierung. Fast ist mensch an die schönsten Tage des Ex-Wissenschaftsministers Trotha erinnert, als jedem missglückten Gesetzentwurf eine Flut von Änderungs- und Ergänzungsverordnungen folgte.
In diesem Fall jedoch hat sich Bulmahn wohl vom Vorwurf des Wahlbetrugs rühren lassen und wollte schnell Nebel werfen, denn immerhin war die SPD 1998 mit dem Versprechen angetreten, Bayern und Baden-Württemberg zur Wiedereinführung der verfassten Studierendenschaft zu zwingen (vgl. Warum es in Heidelberg keinen AStA gibt und er nur einmal im Jahr tagt) und Studiengebühren zu verbieten. Entsprechend groß war die Empörung, als im letzten Frühling ruchbar wurde, dass die aus damaliger Sicht wohl einzige HRG-Novelle der Regierung beide Punkte nicht enthalten würde und lediglich in der bereits bejammerten und ohnehin misslungenen Dienstrechtsreform bestehen würde.
Leider hat Bulmahn auch jetzt wieder danebengegriffen. Zwar wird die Frage der verfassten Studierendenschaft nach gegenwärtigem Erkenntnisstand noch eher gut gelöst, zumal sich ein Satz wie "Zur Erfüllung ihrer Aufgaben kann die Studierendenschaft insbesondere auch zu solchen Fragen Stellung beziehen, die sich mit der gesellschaftlichen Aufgabenstellung der Hochschulen sowie mit der Anwendung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Abschätzung ihrer Folgen für die Gesellschaft und die Natur beschäftigen" und mithin die sozialdemokratische Imitation eines Politischen Mandats (vgl. Schwerpunkt Politisches Mandat) in der Vorlage befindet.
Bei der Frage der Studiengebühren jedoch packt die neue Mitte die mittlerweile allzu bekannten eisernen Ellenbogenschützer aus. Die einer Ergänzung zu §27 HRG heißt wörtlich "Das Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und das Studium in einem konsekutiven Studiengang, der zu einem weiteren berufsqualifizierenden Abschluss führt, ist studiengebührenfrei. In besonderen Fällen kann das Landesrecht Ausnahmen vorsehen." Die Formulierung mit den konsekutiven Studiengängen soll den frommen Wunsch zum Audruck bringen, dass ein auf den Bachelor aufbauender Master bitte eventuell auch gebührenfrei sein möge, wenns vielleicht genehm ist. Ansonsten heißt das: Abkassieren ist nach Wunsch erlaubt, das einzige Problem, das die MacherInnen des Landesrechts haben, ist die kreative Schaffung "begründeter" Ausnahmefälle.
Ein paar Anregungen dazu liefert schon die Begründung zum Gesetzestext: Gasthörer sind etwa solche Ausnahmefälle, Leute in der Weiterbildung oder Studierende nach Überschreitung eines bestimmten Lebensalters -- der UNiMUT schlägt hier schon mal sechs Jahre vor. Einschreibegebühren sind ohnehin ok, Prüfungsgebühren auch, Studienkonten und Bildungsgutscheine sowieso. Wer uns nicht glaubt: Lest doch den Regierungsentwurf selbst.
Reizvoll vielleicht die Reaktionen; dass sämtliche Studigruppierungen, von der Assoziation marxistischer Studierender über den fzs bis zu den grünen Hochschulgruppen, nicht viel von diesem Machwerk halten, überrascht nicht. Die PDS hat gleich einen Gegenentwurf vorgestellt (natürlich ohne Chance, jemals ernsthaft beraten zu werden, obwohl mit diesem Entwurf einige Vorschläge zur Abmilderung von Novelle 5.0 verbunden wären). Erschütternderweise reicht der vorgelegte Entwurf der Fundamentalistenzelle der Gebührenfront, dem Bertelsmann-finanzierten CHE, nicht -- dessen Chef Müller-Böhling fühlte sich bemüßigt, sieben haarsträubende Argumente für Studiengebühren in den Blätterwald zu streuen. Demgegenüber wirkt die behäbige HRK schon fast menschlich, sie findet vor allem, dass der Zeitpunkt für diese Novelle schlecht sei und dass sie wohl vor den Bundestagswahlen keine rechte Chance mehr habe.
Nun, eine Chance hat sie wohl schon, aber nur, wenn die Studis sich nicht wehren. Sommersemester sind zwar kaum für sonderliche Protestkultur bekannt, aber vielleicht wirds ja dieses Jahr anders?
Dieser Artikel wurde zitiert am: 05.04.2002, 18.04.2002, 03.06.2002, 20.06.2002, 26.03.2003
Bologna ist -- oder war -- in Italien als la Rossa bekannt, unter anderem, weil der dortige Stadtrat seit dem Sturz Mussolinis fast durchgehend kommunistisch dominiert war. Ausgerechnet dort haben sich 1999 Bildungsminister aus 29 Europäischen Staaten getroffen und eine Erklärung verfasst, die etwas einleitete, das von den MacherInnen der Hochschulpolitik mittlerweile "Bologna-Prozess" genannt wird.
Von diesem Bologna-Prozess werden wir in den nächsten Jahren wohl noch einiges hören, denn die Maßnahmen, die die Erklärung für nötig befindet, werden, beginnend beim Mitunterzeichner Catenhusen -- seines Zeichens Staatssekretär im Bulmahn-Ministerium -- bis hinunter zum Heidelberger Senatsausschuss für internationale Beziehungen (SAIS) mit teilweise erstaunlichem Elan umgesetzt oder wenigstens vorbereitet.
Worum geht es also? Zunächst klingt die Erklärung nicht schlecht: Europa sei, so die Sorbonne-Erklärung, die der Bologna-Erklärung als Vorbild diente, nicht nur ein Europa des Euro, sondern auch eines von Wissen und Kultur. In Bologna verstiegen sich die MinisterInnen unter dem Eindruck ihres Krieges gegen Jugoslawien sogar zum schönen Satz "The importance of education and educational co-operation in the development and strenghtening of stable, peaceful and democratic societies is universally acknowledged as paramount, the more so in view of the situation in South East Europe".
Was da so menschenfreundlich daherkommt, ist aber in Wirklichkeit -- und vielleicht nicht ganz überraschend -- primär ein Programm zur fortschreitenden Verschulung des Höheren Bildungswesens, zum Abschied von der Bildungsfreiheit. Bildung soll Ausbildung, soll marktgängig werden, denn: "We must in particular look at the objective of increasing the international competitiveness of the European system of higher education."
Die Konsequenz: Gestufte Studiengänge müssen her, also möglichst sowas wie Bachelor/Master -- das Papier redet von zwei Zyklen und will, dass schon der erste Zyklus, der Bachelor eben, "relevant to the European labour market" ist. Diese Studiengänge sind auf mindestens drei bzw. mindestens zwei Jahre festgelegt, was schon ahnen lässt, dass sie erheblich stärker regelmentiert sein werden als augenblickliche Diplom- oder Magisterstudiengänge -- was in der Tat den ersten Erfahrungen mit dieser Sorte Hochschulreform entspricht. (Die Redaktion fürchtet, dass das "mindestens" in der nächsten Fassung des Papiers rausfallen wird...) Ganz böse wird es DoktorandInnen treffen, die bislang ja weitgehend frei arbeiten konnten (wenigstens, sofern sie nicht in Graduiertenkollegs oder im Seminar eines DoktorandInnenschinders steckten), denn ganz nach US-Vorbild soll die Promotion eine Art alternativer zweiter Zyklus werden und damit natürlich ebenfalls stark von Frontalunterricht geprägt werden.
Das andere große Thema ist die Mobilität. Mensch mag ja noch nicht viel einwenden, wenn mindestens je ein Auslandssemester pro Zyklus mehr oder minder verpflichtend wird -- wer reist nicht gern --, doch muss damit einerseits ECTS kommen, also mehr oder minder flächendeckende Benotung von Scheinen und eine massive Ausweitung der Schein- und Klausurpflicht, und andererseits eine "Harmonisierung" der Studienformen und -inhalte. Dass dies in diesen Zeiten nicht bedeutet, dass englische Unis das noch relativ freie deutsche Modell übernehmen, ist klar; eher schon werden die hiesigen Unis zu Lernfabriken nach französischem Vorbild gestylt werden.
Als kleiner Lichtblick bleibt das "Diploma Supplement" zu vermelden -- die Idee hier ist, den Studierenden ergänzend zur doch etwas dürftigen Zahl auf dem Abschlusszeugnis ein etwas wortreicheres Dokument auf den Arbeitsmarkt mitzugeben. In einer idealen Welt könnte also statt "2.3" schließlich eine ausführliche Rezension der individuellen Stärken und wegen uns auch Schwächen der "Ware" Mensch stehen, die prospektiven KäuferInnen seiner oder ihrer Arbeitskraft tatsächlich einen Einblick gibt, was sie denn da so erwerben. Vermutlich wird aber nicht mal das passieren, und das Diploma Supplement wird sich wohl beschränken auf einen per Rechner erzeugten Auszug aus dem kommentierten Vorlesungsverzeichnis, pardon, dem Module Directory.
Nun, der Eurokommunismus ist tot. So kommt aus Bologna etwas, das stark nach Bildungsstalinismus riecht. Auch die in blauem Blut gehaltene Unterschrift von Baroness Tessa Blackstone of Stoke Newington, damals Minister of State of Education and Employment des United Kingdom, mag diese Analyse kaum zu ändern. Widerstand würde wohl helfen -- aber die Studierenden aus all den 26 Ländern sind wohl schwieriger an einen Tisch zu bekommen als Minister und Staatssekretäre. Und das ist schade, denn in Sachen Protestkultur könnten wir durchaus das eine oder andere von unseren Französischen KollegInnen lernen...
Dieser Artikel wurde zitiert am: 26.02.2003, 20.09.2003, 08.10.2003, 02.06.2004, 09.03.2005, 02.11.2005
...dass der UNiMUT nur deshalb keine VerteilerInnen hat, weil "viele Menschen" gar nicht wissen, dass sie viel persönliche Befriedigung aus einer Mitarbeit beim UNiMUT ziehen können? Das jedenfalls vermutet Beate Weber, die ähnliche Probleme praktisch überall beim "bürgerschaftlichen Engagement" sieht. Um dem unterstellten Unwissen abzuhelfen, veranstaltet die Stadt am 6. Juli am Uniplatz einen "Markt der Möglichkeiten", auf dem sich Initiativen aller Art auf 2x3 Metern präsentieren können. Es darf vermutet werden, dass zwar weniger Leute, dafür aber auch weniger Promille diesen "Markt" besuchen werden als den ähnlich angelegten "langen Tisch" am Rande des Heidelberger Herbstes vor einigen Jahren. Wer mitmachen will, kann sich im ZFB oder beim OB-Referat im Rathaus, Marktplatz 10, informieren.
...dass ihr im UNiMUT auch ohne Markt nach MithelferInnen suchen könnt? Das hat offenbar sogar Sinn -- der Asylarbeitskreis Heidelberg lässt uns wissen, dass auf einen Artikel im UNiMUT aktuell hin tatsächlich "fitte Leute" zum Mithelfen gekommen seien. Deshalb hier nochmal: Wer Flüchtlingen helfen will -- sei es Unterstützung bei Behördengängen, ein Alphabetisierungskurs oder Hausaufgabenunterstützung für die Kinder --, kann sich entweder per Mail oder per Telefon (182797) melden oder gleich zum Plenum des Asylarbeitskreises immer am zweiten Dienstag im Monat in den Räumen der ESG, Plöck 66, kommen.
...wer in diesem Jahr 50 wird? Sicher viele Leute, aber der Geburtstag, der euch sicher am meisten auf die Nerven gehen wird, ist der eures zwangsvereinigten Ländles Baden-Württemberg. Im Rahmen dieses Jubiläums -- für uns als Bewohner Badens vielleicht nicht ganz so freudig -- hat die Landesregierung allerlei Bonbons geplant, vom Ausschank eines Geburtstagsbiers der Brauerei Dinkelacker (Stuttgart) bis zu Tagen der Polizei und Feuerwehr. Das Ergebnis der Volksabstimmung, die damals zur Vereinigung führte, wird nach einer groben Durchsicht des Veranstaltungskalenders zu schließen eher kein Thema sein. Schade. Abgesehen von der oben verlinkten etwas poppigen Seite gibt es auch noch Infos von der Landeszentrale für politische Bildung oder -- seriöser -- vom ehemaligen Landfunk.
...dass das Studentenwerk eine private Tochtergesellschaft namens Hochschul-Service-GmbH unterhält? Sinn dieser Tochtergesellschaft ist, Arbeitskräfte fürs Studiwerk unter Umgehung der eher luxuriösen Bestimmungen der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes -- an die das Studiwerk selbst als Anstalt öffentlichen Rechts gebunden ist -- zu beschäftigen. Das Ergebnis: Billigjobs mit Instant-Kündigung und leistungsgerechter Bezahlung. Das ist es wohl, was mensch in Zeiten internationaler Wettbewerbsfähigkeit haben möchte.
...dass sich auch die Uni Mannheim eine geheimnisvolle GmbH hält? In diesem Fall nennt sich der Laden AbsolventUM, und sein Zweck ist etwas subtiler. Zunächst sollte er ja zur Professionalisierung im Bereich Werbung und Merchandising führen, Schrecklichkeiten wie die Herausgabe eines Absolventenbuchs oder Sammelbestellungen von Talaren und albernen Hüten vielleicht. Schon vor zwei Jahren allerdings zeichnete sich ab, dass die Uni mehr vorhat: AbsolventUM kümmert sich auch um die Raumvergabe an Dritte sowie Fort- und Weiterbildung von Studierenden, worunter insbesondere Sprachkurse fallen. Die Studierenden hatten damals Widerstand geleistet, und zwar aus gutem Grund. Das Fazit nach zwei Jahren: Der Deutschkurs für fremdsprachliche Studierende kostet 410 Euro (Heidelberg: 100 Euro, was natürlich auch noch zu viel ist), und die Klagen über mangelnde Qualität der Ausbildung häufen sich. Ebenso berechenbar wie dieses Fiasko ist allerdings, dass der Zug in Heidelberg auch in diese Richtung fahren wird. Noch ist Zeit, ihn aufzuhalten...
...dass Géza Alföldy, Heidelberger Professor für Alte Geschichte, von der Landesregierung der Region Katalonien die Auszeichnung "La Creu de Sant Jordi" (Kreuz des hl. Georg) für seine Verdienste um die Identität und Kultur Kataloniens verliehen wurde? Wofür genau, konnte die Redaktion leider bisher nicht Erfahrung bringen. Doch Folgendes möchte die Redaktion zur Diskussion stellen: die Westgoten (zu denen Rektor Hommelhoff gewisse Beziehungen zu haben scheint) wurden bekanntlich von den Hunnen aus Dakien (was einen gewissen Bezug zu Ungarn hat) vertrieben (wir berichteten). Mittelfristig zogen die Westgoten dann auch - und zum Teil mit den Römern verbündet - auf die iberische Halbinsel, um sich dort dann in der Geschichte zu verlieren. Wir verstehen den Zusammenhang noch nicht ganz, sind aber sicher, dass es einen gibt.
Walter I. Schönlein
Nachdem das URZ Ende der achtziger Jahre das Ende der Großrechner und die Bewegung zu Unix-Systemen und dem Internet hin verschlafen hatte, ist es jetzt hellwach und am Puls der Zeit. Ein Zeichen dafür ist ein Papier zur Zukunft der EDV in Heidelberg, das in vielen Punkten größtenteils eher technischer Natur versucht, mit der rasanten Ausweitung einschlägiger Spielmöglichkeiten mitzuhalten.
Leider sind die Moden, die es in der EDV zur Zeit so gibt, nicht immer schön. So sollen die Datenbestände der URZ-BenutzerInnen allmählich auf Windows-Systeme migriert werden -- bei der bekannten Redmonder Datensammelwut und dem Spieltrieb der dortigen ProgrammiererInnen vielleicht für mancheN keine angenehme Vorstellung. Immerhin, das URZ scheint den Instituten weiterhin freie Wahl lassen zu wollen, nur Angebote zur Unterstützung der dezentralen AdministratorInnen will man machen.
Abgesehen von den technischen Details lassen in dem Papier die Wörter "einheitliche Authentifizierung" und "Chipkarte" aufhorchen. Erstere soll dafür sorgen, dass mensch überall am URZ nur noch ein Passwort hat und das auch noch am Institut und bei der UB geht. Das mag vielleicht bequem sein, führt aber natürlich auch zu mehr Daten, die sich nachher wirklich einfach verknüpfen lassen ("Wer hat in der letzten Zeit Mails nach Saudi-Arabien geschickt und Bücher über Luftfahrt ausgeliehen?") -- im Augenblick ist für Anfragen dieser Art mindestens noch der Umweg über die Matrikelnummer nötig. Und Menschen, die glauben, solche Anfragen würde niemand stellen, sollten nochmal in sich gehen.
Ähnliche Bedenken mag mensch bei der Chipkarte haben. Über ecUM, die Megakarte der Uni Mannheim mit eingebautem Semesterticket, werden wir (horrentlich) in der nächsten Zeit berichten, die Probleme mit den Mensakarten dürften den meisten Studierenden in Heidelberg ebenfalls ein Begriff sein. Das URZ wiederum überlegt, insbesondere im Zusammenhang mit der Authentifizierung, auch auf Karten zu setzen, und zwar gleich auf welche, die die Funktionalitäten der vorerwähnten quasi nebenbei mit enthalten können. Mensch kann die nur noch auf Karte hin öffnenden Pool- und Hörsaaltüren schon vor sich sehen. Wir empfehlen in diesem Zusammenhang auch den bereits etwas gereiften Chipkarten-Reader der TH Darmstadt.
Lustig wird das bestimmt. Wer aber dann noch lachen kann?
Das Schulpraxissemester (SPS) ist eine klassische Maßnahme der Hochschulreform nach Gutsherrenart: Vielleicht mit einer gewissen positiven Motivation, hier etwa, angehenden LehrerInnen schon relativ früh die Möglichkeit zu eröffnen, praktische Erfahrungen zu sammeln, doch in der Umsetzung haarsträubend und studierendenfeindlich, in der Ausführung stümperhaft und ohne Sachkenntnis.
Ein von Studiseite zu hörender Kritikpunkt war, dass die PraktikantInnen kein Geld für ihren Einsatz bekommen. Wiewohl wir auch anerkennen, dass künftige PädagogInnen durchaus umsonst arbeiten sollen, die Entlastung der SteuerzahlerInnen durch die Umwandlung eines halben Jahres bezahlten Referendariats in 13 Wochen unbezahltes SPS gar begrüßen, es bleibt halt doch das Problem, dass selbst LehrerInnennachwuchs nicht von Luft und der Liebe ihrer Kinderscharen leben können. Kneipen- oder Klitschenjobs, das ist ziemlich klar, sind während des Praktikums sicher nicht drin - und wären darüber hinaus der ohnehin nicht allzu guten Reputation des LehrerInnenberufs weiter abträglich.
Für die dünne Schicht der BAFöG-Privilegierten haben wir da jetzt gute Nachrichten: Laut Auskunft des Studentenwerks ist das SPS förderungsfähig. Wers nicht glaubt: Hier der Brief aus dem BAföG-Amt.
Wir hatten es angekündigt: Es rollen wieder Castoren. Die, von denen damals die Rede war (und die übrigens entgegen der damaligen Behauptung nicht nach La Hague, sondern nach Sellafield fahren), kamen in der Tat in der Region durch, genauer sogar in Heidelberg selbst. Gegen 16 Uhr heute rollte der Zug -- drei Castoren mit vorgespanntem Grenzschutzwagen -- am Karlstor druch.
Dass er rollte und nicht stoppte hatte seinen Grund in der Präsenz entschlossener Polizei mit vier und zwei Beinen -- offenbar blieben die mobilisierenden Telefongespräche im Vorfeld nicht unbelauscht. So konnten zwar sechs Leute auf die Schienen kommen, waren aber recht schnell wieder unten -- oder eher oben, nämlich auf dem Parkplatz, denn der Staatsgewalt schien das Risiko, Leute auf dem Bahnsteig stehen zu haben, zu groß. Trotz der teilweise recht unkontrolliert wirkenden Hunde gab es bei der Schienenräumung keine Verletzten. Umgekehrt stand, so wollen es Gerüchte wissen, der Zug zehn Minuten lang irgendwo im Neckartal, um die Klärung der Situation am Karlstor zu abzuwarten.
Obwohl nur rund eine Stunde Zeit blieb, nachdem es klar wurde, dass der Castor die Neckarroute nehmen würde, waren rund zwanzig Leute durch Regen und Hochwasser gekommen. Schon deshalb waren einige Anwesende empört, dass sich die Bahn schon wieder traut, Castoren durch Heidelberg fahren zu lassen. Wer es Bahn und Polizei nächstes Mal auch etwas schwerer machen möchte, kann sich an die Redaktion wenden. Wir leiten eure Anfrage an die Castorgruppe (die sich übrigens immer Montags um 19 Uhr im Karlstorbahnhof trifft) weiter, die euch dann beim nächsten Mal hoffentlich rechtzeitig informieren wird.
Viele werden das Bild "Das Verhängnis" kennen, nur wenige werden wissen, von wem es stammt. Diese Bildungslücke versucht jetzt die Friedrich-Ebert-Gedenkstätte zu schließen: Bis zum 5.5. sind dort Werke des Künstlers A. Paul Weber zu sehen. Bei einem Gang durch die Ausstellung wird mensch neben dem "Verhängnis" einige andere der oftmals beklemmenden Bilder wiedererkennen...
A.Paul Weber, geboren 1893, kam aus der Wandervogelbewegung, was sein Naturverständnis prägte. Von 1928 bis 1934 hatte er sich dem Kreis um Ernst Niekisch und dessen Zeitschrift "der Widerstand" angeschlossen. Die politischen Ansichten, die in diesem Kreis vertreten wurden, würden einige BewundererInnen seiner Zeichnungen eher befremden: man wendet sich gegen eine Westanbindung -- Frankreich als Gefahr ist ein Motiv, das in einigen Exponaten der Ausstellung dargestellt wird. Weiterer Kritikpunkt war der Young-Plan, der nach dem 1. Weltkrieg Reparationszahlungen Deutschlands bis 1988 vorsah, in den Augen des nationalkonservativen Niekisch-Kreises eine Versklavung der Enkelgeneration.
Dennoch: A. Paul Weber leistete Widerstand gegen Hitler, wie kaum ein anderer erkannte er in geradezu visionären Bildern die heraufkommende Gefahr, die er oft als "braune Flut" ins Bild setzt. Die Naziherrschaft überlebte er dank des Einsatzes von Freunden, die ihn 1937 noch aus dem KZ holen konnten. Im Versteck fertigt er zwei Zyklen an, die erst nach dem Krieg erscheinen, während die meisten seiner Werke von den Nazis vernichtet wurden.
Nach den Vorlagen aus den frühen dreißiger Jahren, die in Zeitschriften erhalten geblieben waren, fertigte Weber nach dem Ende der Naziherrschaft Lithografien, die nun den Kern der Ausstellung ausmachen. Es sind aber auch einige Werke zu sehen, in denen sich Weber mit der Naturzerstörung auseinandersetzte, lang bevor der gesellschaftliche Diskurs das Problem wahrnahm.
Die Ausstellung wurde heute eröffnet -- fleißige LeserInnen unseres Terminkalenders hätten sich per Mail an den Termin erinnern lassen können --, und zwar mit einer kleinen Einführung in Leben und Werk Webers. Bemerkenswert postmodern daran war der weite Bogen von einer Kurzzusammenfassung einer Derrick-Folge zu Webers Satiren. Diesen Bogen habt ihr verpasst, die Ausstellung seht ihr wie gesagt noch bis zum 5.5. in der Pfaffengasse 18, täglich außer Montags 10 bis 18 Uhr, der Eintritt ist frei.
Nachtrag (26.3.2002): Bevor ihr die Ausstellung goutiert, lest doch noch eine Stellungnahme der Graswurzelrevolution zu einem Lapsus im Zusammenhang mit A. Paul Weber.
Bereits am Nachmittag des 19. März ging die Meldung über den dpa-Ticker: Bundesbildungsministerin Bulmahn will ihre letzte HRG-Novelle im Bereich Befristungen nachbessern (wir berichteten bereits über die mutmaßlichen Konsequenzen der Novelle für Heidelberg). Mit Pressemitteilung vom 22.03.2002 teilt nun auch das BMBF mit, im "Anschluss an ein Gespräch mit Arbeitsrechtsexperten habe man sich mit den bildungspolitischen Sprechern der Koalitionsfraktionen darauf verständigt, in das Hochschulrahmengesetz eine Regelung aufzunehmen, mit der klargestellt werden soll, dass wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihre Tätigkeit bereits unter Geltung der alten Befristungsregelungen aufgenommen hatten, mindestens bis zum 28.02.2005 befristet beschäftigt werden können, wenn dies erforderlich ist, um eine begonnene Promotion oder Habilitation zu beenden."
Gegenüber der dpa hatte Bulmahn erklärt, sie wolle damit "ein positives Signal" an jene jungen Wissenschaftler senden, "die auf Grund von Fehlinformationen und zum Teil unsachlicher Diskussionen in den letzten Monaten verunsichert worden sind". Dass es sich wohl nicht nur um unsachliche Argumente handelte, muss angesichts der nun doch in Aussicht gestellten Nachbesserung nicht eigens betont werden. Bulmahn freilich wehrt sich gegen die Bezeichnung "Nachbesserung" und erklärte in der bmbf-Pressemitteilung: "ich will damit jegliche Interpretationsspielräume zu Lasten der Nachwuchswissenschaftler ausschließen." Weitere Nachbesserungen im Hinblick auf die Möglichkeiten einer befristeten Beschäftigung im Anschluss an die Qualifizierungsphase lehnt sie aber grundsätzlich ab, da das allgemeine Arbeitsrecht ausreichende Gestaltungsmöglichkeiten auch für befristete Beschäftigungsverhältnisse biete. Insbesondere sei es möglich, nach der Qualifizierungsphase Forschung in Form von befristeten Projekten zu betreiben, für die das allgemeine Arbeitsrecht auch keine starre zeitliche Grenze setzt. Dass einige Verwaltungen das Gesetz als Vorwand genutzt hätten, um sich von Mitarbeitern zu trennen, sei gar nicht "Wille des Gesetzgebers." Damit dieser klarer werde, werde den Verwaltungen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Kürze eine Handreichung zum neuen Hochschulrahmengesetz zur Verfügung gestellt.
Letzlich handelt es sich offenbar nur um Interpretationsprobleme, und die nehmen vor Wahlen ohnehin zu -- die Sachprobleme bleiben bzw. kommen aber dennoch. Wir werden mit dem Wegfall der alten Mittelbaustellen gespannt beobachten, wie Routineaufgaben in der Lehre (z.B. Einführungen und Praktika) vor allem im Grundstudium erbracht werden und wie lange die JuniorprofessorInnen es durchhalten, Examens- und PromotionskandidatInnen betreuend forschungsmitteleintreibenderweise ihre (auch pädagogische) Qualifikation voranzutreiben, während sie die nötigen Impulse in der Lehre setzen...
Dieser Artikel wurde zitiert am: 16.02.2005
Billiges Essen, wertvolle Infos und nette Leute: Seit März ist das Cafe Gegendruck in der Fischergasse 2
Im Gegensatz zu gewissen anderen Publikationen halten wir uns mit Kneipenbesprechungen ja im Allgemeinen zurück. Im Fall des "Gegendruck" wollen wir hier aber eine Ausnahme machen, denn immerhin ist das, was jetzt in den ehemaligen Räumen der aESG statt findet, keine richtige Kneipe. Es handelt sich vielmehr um ein Projekt von Leuten aus dem Umfeld des ehemaligen AZ, die schon seit einem Jahr im Laden für Kultur und Politik in der Kaisergasse immer sonntags eine so genannte Volxküche haben stattfinden lassen -- billiges Essen und wertvolle Infos an einem Fleck.
Nun also gibt es wieder so etwas wie ein Domzil der Gruppe, eben in der Fischergasse 2, nicht weit von der alten Brücke. Dienstags und Freitags gibt es dort ab etwa 19 Uhr immer Info-Cafes, Freitags auch dann und wann mit einem Film, Sonntags werden die schon erwähnten VoKüs fortgesetzt, jeden vierten Donnerstag ab 21 Uhr gibt es eine UnheilBar in der Tradition der Kult-Veranstaltungen der späten AZ-Zeiten.
Vorbeischauen ist risikolos -- Konsumzwang gibt es nicht, wenn ihr also feststellt, dass ihr mit dieser Art selbstbestimmter Soziokultur nichts anfangen könnt, seid ihr kein Vermögen losgeworden...
...dass an den PHen jetzt doch kein NC verhängt wird? Das hatten die PHen gefordert, da sie zur Zeit in einigen Bereichen völlig überlaufen sind - das liegt aber vor allem daran, dass bestimmte Fächer vorgeschrieben sind... Jetzt sollen durch die Zulassung neuer Fachkombinationen besonders überlastete Fächer entlastet werden. Dass da noch nennenswert Lehramststudis von der Uni mitversorgt werden können, glauben wohl dennoch nur noch Presseerklärungen.
...dass schon die Vorfahren unseres Rektors -- dessen westgotische Herkunft immer besser belegt scheint -- ein erhebliches Interesse an der Anwerbung von Spitzenkräften aus dem Ausland hatten? Ein Beleg dafür findet sich in Goscinny/Uderzo, Asterix und die Goten, Stuttgart: Ehapa 1970, aus dem nebenstehende Abbildung entnommen ist.
...dass dass Ministerpräsident Teufel Fernsehen für mittelalterlich hält? Ende letzten Jahres forderte er, dass Eltern ihre Kinder nicht einfach vor den Fernseher setzen dürfen, da die Wirklichkeit - ähnlich wie im Mittelalter - mehr über Bilder als über Worte vermittelt werde. Zugleich schlug Mittelalter- und Bildungsexperte Teufel vor ein zweites Schulpraxisemester durchzuführen. Dies sei, so Teufel, kein Problem, wenn die bisherigen Maßnahmen zur Studienzeit griffen. Da im Land keine Fachdidaktik an den Universitäten betrieben wird, in den erziehungswissenschaftlichen Seminaren die Stellen gekürzt werden, die PHen zu voll für Unistudis sind, an den Schulen immer noch Unterricht ausfällt und der Wissenschaftsminister nur Mediendidaktik und Teleteaching fördert, schlägt die Redaktion vor, das Lehramtsstudium doch gleich um sich selber zu kürzen und auf Praktika zu reduzieren.
...dass Informatik jetzt als Erweiterungsfach zu Beifachanforderungen auf Lehramt studiert werden kann? Dies hatte der Senat der Uni Heidelberg am 13.2.01 beschlossen, das MWF hat am 29.1.02 der Einrichtung des Studiengangs zum Wintersemester 2001/2002 zugestimmt.
...dass das Studierendensekretariat seine Öffnungszeiten geändert hat? Nur, damit ihr nicht umsonst hintapert: Freitag ist jetzt ganz zu, dafür könnt ihr Dienstags auch nachmittags hin, und zwar von 14 bis 16 Uhr.
...dass Erich X. Orzer im Heidelberger WTS Schwefel gerochen haben will? Wundern würde es die Redaktion nicht, denn es scheint, als sei dort Ketzerei und Häresie an der Tagesordnung. Der dortige Professor für systematische Theologie, Wilfried Härle, ließ nämlich in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des evangelisch-theologischen Fakultätentages verlauten, eine Aufgabe der Latinums- und Graecumspflicht für das Theologiestudium komme nicht in Frage, weil "die wichtigste [...]schrift des Protestantismus, die Confessio Augustana" unbedingt im Originaltext zu lesen sei. KennerInnen der klassischen Sprachen sei Luthers Prinzip "sola scriptura" in Erinnerung gerufen -- systematische Nachforschungen der Redaktion ergaben, dass sich Luther hierbei nicht auf die Confessio Augustana bezog...
...was der Uni Heidelberg noch wirklich fehlt auf ihren Inseln der Exzellenz? Die Uni-Hymne! Inspirationen bietet Corporate Anthems (die Musikstücke sind im Augenblick nur bei ZDnet UK zu bekommen), eine Sammlung echter und unglaublich bescheuerter Firmenhymnen. Möchte vielleicht eineR unserer kreativ begabten LeserInnen einen Entwurf des Ruperto-Carola-Rags probieren? Die Redaktion nimmt Einsendungen als MP3 und in Ogg Vorbis an. Hend?
Walter I. Schönlein