Trauerspiel in vielen Akten
Am 14. September verkündete der Rektor der Universität Mannheim Prof. Dr. Arndt seine Pläne, die Fakultät für Mathematik und Informatik und die philosophische Fakultät zu schließen, da diese angeblich nicht in das selbst verordnete Profil der Uni Mannheim integrierbar seien. Die Fachbereiche der philosophischen Fakultät sollen in andere Fakultäten eingegliedert und stärker auf die Wirtschaftswissenschaften ausgerichtet werden.
Natürlich, niemand wird bestreiten, dass die Wirtschaftswissenschaften in Mannheim sehr gut sind, das Problem hierbei ist, dass die Universität Mannheim bald nicht mehr den so mühsam erkämpften Universitätsstatus verdient, denn Universität heißt eben immer noch Fächervielfalt. So hieß es noch vor einigen Monaten aus dem Rektorat, man dürfe die Geisteswissenschaften nicht noch weiter schwächen.
Ebenso kann man nur empört und verständnislos bemerken, dass vor kurzem noch mit mehreren Millionen Steuergeldern ein Gebäude für die Technische Informatik errichtet wurde, das mit teuren Spezialgeräten ausgestattet ist, die eben nur von der Technischen Informatik genutzt werden können -- bei Verwirklichung der Pläne also in den Sand gesetzt sind.
Unglaublich ist auch die Art und Weise, wie Rektor Arndt seine Pläne durchsetzen will. Ohne vorher mit allen Beteiligten die Pläne zu besprechen wird eine Pressemitteilung herausgegeben. Dem Senat wird zwar eine Diskussion über die Pläne gestattet, aber offenbar nur damit man hinterher schreiben kann: "Der Senat hat über die Pläne beraten" -- Achtung: Beraten ist nicht gleich Zustimmung, auch wenn in den offiziellen Mitteilungen ein anderer Eindruck erweckt wird.
In großer Eile wird daraufhin der Universitätsrat zu einer Sitzung zusammen gerufen, zu einer Zeit in der die Hälfte der Mitglieder nicht anwesend sein kann. (Bemerkenswert: Das studentische Mitglied, das für ein Jahr im Ausland ist, durfte keinen Nachfolger benennen...) Tatsächlich ist die Sitzung auch nicht beschlussfähig, abgestimmt wird trotzdem, die übrigen Voten werden schriftlich angefordert. Ganz offensichtlich geht es hier nicht darum, in einem diskursiven Verfahren die besten Lösungen zu erzielen, sondern nur die Pläne möglichst schnell durchzudrücken. (Die Sitzung muss übrigens nun, nachdem Einspruch eingelegt wurde, wiederholt werden.)
Auch das übrige Vorgehen ist sehr empörend. Lehrstühle werden einfach nicht mehr neu besetzt. Aussagen, wie die, das Historische Institut wolle in die Fakultät für Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre integriert werden -- Aussagen, die schon mehrfach von den so angeblich Zitierten dementiert wurden -- werden trotzdem immer wieder angeführt.
Mehrfach wurden Pressemitteilungen und Briefe des Rektorats veröffentlicht, die - um zu beschwichtigen -- sich nicht scheuen, Tatbestände zu verschönen. Eine von den Mannheimer Studierenden kommentierte Version eines solchen Briefes findet ihr hier (sehr informativ, dringend zum Lesen empfohlen). So wird den betroffenen Studierenden z.B. versichert, dass sie ihr Studium qualitativ unverändert zu Ende führen können -- zu Ende führen schon, aber auch gut zu Ende führen?
Die Fachschaft der Philosophischen Fakultät hat hier, um nur ein Beispiel zu nennen, andere Informationen: "Der geplante Abbau dreier Professuren würde bedeuten, dass die geisteswissenschaftlichen Studiengänge in nächster Zukunft nicht mehr ausreichend versorgt werden können. Bereits jetzt wird von Seiten des Rektorats die Neubesetzung einer Professur in der Anglistik verhindert und nur befristet vertreten. Dieses Verfahren soll nach Aussage des Rektorats auch für alle weiteren vakanten Professuren angewandt werden. In den Jahren 2008 und 2009 werden ein Professor und eine Professorin der Romanistik emeritiert. Von weiteren Lehrenden wissen die Studierenden, dass jene sich im Falle einer Auflösung ihrer Fakultät an anderen Universitäten bewerben werden." - Wie man sieht, ist also für die bereits eingeschriebenen Studierenden gesorgt.
Und da kaum jemand auf die Fachschaft hört, können wir sicher sein, dass es dann heißen wird: "hervorragend gesorgt". Denn so wie heute Unipolitik gemacht wird ist das, was in Mannheim passiert, ein überaus offenes und faires Vorgehen des Mannheimer Rektors. Es ist getragen von dem unbedingten Wunsch, alle ihm anvertrauten Fachbereiche zu schützen, von dem Wunsch, Änderungen nicht im ad-hoc-Verfahren vorzugeben, sondern mit den Betroffenen gemeinsam zu erarbeiten und so ein glanzvolles Zeichen für einen wahrhaft guten Führungsstil zu setzen. Die Studierenden hingegen - so die um alle besorgten Rektoren - denken nur an sich.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 15.10.2006
Rektor Arndt verlegt Sitzung zur Deutschen Bank
Der Mannheimer Rektor Hans-Wolfgang Arndt plant tiefgehende Umstrukturierungen: Die Fakultät für Mathematik und Informatik soll geschlossen und mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik als gleichnamige Fakultät neu gegründet werden. Die Philosophische Fakultät soll aufgesplittet, sechs philologische Lehrstühle geschlossen und die verbleibenden Lehrstühle auf Wirtschaft und Sozialwissenschaften ausgerichtet werden. Mittelfristig bedeutet dies den Wegfall aller grundständigen geisteswissenschaftlichen Studiengänge und wird auch für den Bereich der Lehramtsstudiengänge Auswirkungen haben. Der Plan einer Konzentration der universitären Lehramtsstudiengänge in Heidelberg, Tübingen und Freiburg scheint sich hier zu realisieren. Das Vorgehen (Unimut berichtete) ist überstürzt, getragen von einer unzureichende Informationspolitik des Rektorats und dokumentiert den bundesweiten Trend zum Abbau der Geisteswissenschaften.
Ganz ohne Gremien geht es jedoch nicht und da die letzte Sitzung des Universitätsrats nach der Beanstandung von Verfahrensfehlern für ungültig erklärt wurde, muss das Konzept des Rektors nun formal korrekt durchgezogen werden. Nach dem Informationsstand des Mannheimer asta wird die entscheidende Sitzung in einem der Gebäude der Deutschen Bank stattfinden. (Sitzungen in James-Bond-Manier nehmen zu...) Proteste werden so erheblich erschwert. Wer sich noch spontan noch auf den Weg machen will, kann sich beim Mannheimer asta informieren. Die Tickets für die Fahrt nach Frankfurt werden spendenfinanziert. Der Beschluss, der gefasst werden wird, dürfte uns kaum überraschen...
Pressemitteilung der FSK zum Vorlesungsbeginn
Im Juni 2006 wählten die Studierenden der Universität Heidelberg ihre VertreterInnen für den Senat und die 12 Fakultätsräte. Die FSK- Studierendenvertretung, der Zusammenschluss aller Fachschaften, erreichte dabei überraschend erneut die absolute Mehrheit (52,5%) und damit drei von vier Sitzen im Senat (Friedemann Vogel, Adam Rzepecki und Mariana Pinzon-Becht). Nur noch knapp schaffte es die Grüne HSG (15,6%) auf den vierten Platz im Senat (Anna Christmann), nachdem sie im vergangenen Jahr viel Wählersympathie auf Grund mangelnder Arbeitstransparenz verspielt hatte. RCDS, Juso- HSG und die Spaßliste "Die Liste" gingen leer aus.
Die bisherigen und neuen studentischen VertreterInnen in den Universitätsgremien erwarten für das kommende Semester weiterhin viel Arbeit. Abgesehen von den zum Sommersemester erstmals erhobenen Studiengebühren von 500,- € und den Bemühungen, die negativen Folgen bei der Einführung von BA/MA- Studiengängen in Grenzen zu halten, gilt es den Fachschaften vor allem, die derzeit vom Elitediskurs verdeckten Probleme bei den Geistes- und Sozialwissenschaften in der Öffentlichkeit zu diskutieren. "Der für dieses Jahr verlorene Elitewettbewerb enttäuscht uns dabei weniger", erklärt Friedemann Vogel, "denn die Probleme liegen woanders". So fehle es in vielen geistes- und sozialwissenschaftlichen Instituten bereits an Geld für neue Bücher, an Lernmaterialien, aber auch an Prüfern, kritisiert der Studierendenvertreter. "Viele in existentielle Finanznot gebrachte Institute müssten längst Konkurs anmelden, würden Studierende nicht ehrenamtlich den Unterricht mittragen oder aus der eigenen Tasche die Bibliotheken füllen."
Die FSK- Studierendenvertretung kündigt für die kommenden Monate verstärkte Informations- und Protestveranstaltungen an, um von ihrer Seite der 'nicht-exzellenten' Situation an ihrer Universität zu begegnen.
Die Endlichkeit der Exzellenz
Freitag, der 13.Oktober. Heidelberg.
Es hätte alles so schön sein können, das Buffet war angerichtet, das Bierfass angestochen und es gab fast niemand, der noch am Freitag morgen glaubte, Heidelberg könnte tatsächlich "durchfallen". Doch wie wir inzwischen wissen, es kam alles anders und wieder einmal bewahrheitet sich das alte Sprichwort "Hochmut kommt vor dem Fall."
Diese kurze Betrachtung soll sich nicht mit der Frage, welchen Sinn solche Wettbewerbe um angebliche Exzellenz haben, ob eine reine Fokussierung auf die Forschung zielführend ist oder gar mit der Frage, ob in Deutschland Exzellenz auf Kosten der breiten Masse gefördert wird, beschäftigen. Vielmehr stellt sich die Frage, was die Entscheidungen vom letzten Freitag zeigen. Und hier scheint es, als ob das Signal lautet: weg von der Volluni hin zu Spezialisierung. In der dritten Säule1 basieren zwei der drei ausgewählten Konzepte auf einer reinen Spezialisierung. Sieht so also die Zukunft der deutschen Universitäten aus?
Lediglich 3 von 35 geförderten Projekten sind den Geisteswissenschaften zuzuordnen. Selbst unser Rektor, der wahrlich nicht immer ein Verfechter der Volluniversität war und ist, sieht sich genötigt, die Universität Heidelberg mit den Worten zu verteidigen "Wir werden das Prinzip der Volluniversität nach 620 Jahren nicht aufgeben...". Natürlich lässt sich trefflich darüber streiten, inwieweit die Uni Heidelberg überhaupt noch eine Volluniversität ist - man muss sich nur einmal die systematische Benachteiligung der kleinen Fächer in der Altstadt anschauen - aber im Vergleich zu vielen anderen Universitäten im Exzellenzwettbewerb kommt sie diesem Anspruch noch zumindest nahe.
In der zweiten Runde des Wettbewerbs soll nun laut Universitätsleitung vermehrt auf die Geisteswissenschaften gesetzt werden. Besonders wir Studierende wissen, dass unser Rektor des öfteren sehr wechselhaft in seinen Ansichten ist, trotzdem hier sollten wir ihn alle beim Wort nehmen. Denn nur, wenn Heidelberg verinnnerlicht, dass im Konzept der Volluniversität Zukunft liegt und diese Botschaft auch in die Öffentlichkeit transportieren kann, wird der Abbau und die Ausdünnung der Fächervielfalt gestoppt werden. Es bleibt zu hoffen, dass das Bekenntnis zur Volluniversität kein leeres Versprechen bleibt oder dieser Anspruch auf Druck der Experten der Exzellenzinitiative aufgegeben wird, denn dann verliert die Uni Heidelberg mehr als einen Wettbewerb um angebliche Exzellenz, sie verliert ihre Identität.
1 Das Exzellenzprogramm besteht aus drei Säulen: aus der Förderung von Graduiertenschulen, von Exzellenzclustern und von Zukunftskonzepten zur Optimierung der Rahmenbedingungen. [Zurück]
Theaterprojekt am Germanistischen Seminar
Im nächsten Sommersemester soll eine Theateraufführung am Germanistischen Seminar stattfinden. Es handelt sich dabei voraussichtlich um das frühneuhochdeutsche Stück, Cornelius Relegatus, eine Theaterkomödie, die auf satirische Weise die unrühmliche Laufbahn eines gescheiterten Studenten des 16. Jahrhunderts schildert und für lange Zeit die Ansichten der Öffentlichkeit vom Leben eines Bummelstudenten prägte.
Die Organisation dieses Theaterprojekts liegt in den Händen engagierter Studierender unter Mithilfe von Herrn PD Dr. Thomas Wilhelmi. Die Proben werden ab März 2007 beginnen (etwa zwei Termine pro Woche, je nach Größe der Rolle). Die Aufführung ist für den Monat Juli geplant (evtl. im Garten des Seminars). Gesucht werden: SchauspielerInnen, StatistInnen, StudentInnen für Requisite/ Ton, MusikerInnen, SängerInnen -- gerne auch aus anderen Fächern als der Germanistik.
Eine Vorbesprechung ist für Mittwoch, den 8. November, um 18 Uhr s.t. im Raum 123 des Germanistischen Seminars angesetzt. Zu diesem ersten Treffen laden wir alle StudentInnen, die sich -- auf oder hinter Bühne -- an dem Theaterstück beteiligen möchten, herzlich ein.
Hier könnt ihr helfen!
Die Nightline sucht für das neue Semester wieder neue Mitarbeiter/innen. Der Unimut dokumentiert den Aufruf von Heidelbergs "erster und einziger telefonischer Anlaufstelle" von Studierenden für Studierende.
Die Nightline ist eine Anlaufstelle für Studierende und alle Fragen und Probleme, die man beim und neben dem Studieren so haben kann. Wir sind eine Einrichtung, die völlig unabhängig von institutionellen, konfessionellen oder finanziellen Interessen ist und nur von der ehrenamtlichen Mitarbeit lebt. Wenn du Dir vorstellen kannst, Dich bei der Nightline längerfristig zu engagieren und eventuell sogar noch dieses Semester bei uns mitmachen möchtest, dann würden wir uns freuen von Dir zu hören!
Am besten meldest du Dich bis Anfang nächster Woche per E-Mail: info@nightline-heidelberg.de oder Du rufst einfach mal bei uns an, dann können wir Dich auch sofort über alles weitere informieren: Telefon: 06221/184708. Wir von der Nightline würden uns auf jeden Fall freuen, von Dir zu hören! _________________________________________________________ Nightline Heidelberg e.V. Telefon: 06221-18 47 08 E-Mail: nightline@urz.uni-heidelberg.de Internet: http://www.nightline.uni-hd.de