Nicht nur die Portugiesisch-Frage wird zur Zeit in der Neuphilologischen Fakultät diskutiert: Der gestrige Fakultätsrat diskutierte gleich unter einer Handvoll Tagesordnungspunkten die institutionelle und strukturelle Zukunft des IÜD und weiterer Teile der ganzen Fakultät -- wobei die Handvoll TOPs sicher auch mit nur noch als schlecht zu bezeichnener Konzeption der Tagesordnung zu tun hatte.
Ein Thema war etwa die Zusammenlegung des IÜD, des IDF, der Computerlinguistik und des ZSL zu einem gemeinsamen großen Institut mit dem Arbeitstitel "Institut für interkulturelle und angewandte Sprach- und Literaturwissenschaften" (schon dieses Sprachungetüm deutet auf die Sinnlosigkeit dieser Zusammenlegung hin: Es scheint schlicht keinen vernünftigen Begriff zu begeben, unter den sich diese verschiedenen Studiengänge und Einrichtungen fassen ließen). Dann wurde heiß über die Umschichtung von diversen Professuren vom und zum IÜD diskutiert, so heiß, dass die erwähnte, seit fast zehn Jahren unbesetzte Portugisisch-Professur in der Diskussion etwas zu kurz kam.
Zur Portugiesisch-Frage berichtete Neuphil-Dekan Kiesel kurz und knapp über das Gespräch, das er am 7.August im Frankenstein-Ministerium führte. Eigentlich hätte er ja gar nicht mit am Tisch sitzen sollen, so Kiesel, "jemand" sei aber nachher doch der Meinung gewesen, das Ministerium und das IÜD dürften in dieser Angelegenheit nicht am Dekan vorbei entscheiden (nicht, dass die da noch gemeinsame Sache machen). Dass er da war, hat sich allerdings insofern als sehr nachteilig erwiesen hat, da er sich -- diesen zentralen Punkt ließ er in seinem Bericht aus -- dort gegen den Fakultätsbeschluss ausgesprochen, den er auch mitgetragen hatte.
Über den großen Fächerpoker hingegen wurde viel geredet in der Sitzung. Fortgeführt werden wird diese Diskussion in einer Rektoratskommission, in der die ehemalige Prorektorin Frau Weigelin-Schwiedrzik, die jetzige Prorektorin Frau Leopold, die Kanzlerin, der Dekan Kiesel, sowie die DirektorInnen des IDF und des IÜD, Herr Birkenmeier sowie Peter Hellwig von den ComputerlinguistInnen Mitglieder sein sollen. Als Grund für die tatsächlich nicht ganz offensichtliche Kombination von Fächern, die sich da in einem Institut versammeln sollte, gab Kiesel unter anderem an, größere Institute seien leichter zu verwalten (dem wurde aus dem Fakultätsrat mit ebenso plausiblen Gegenargumenten widersprochen), auch ergäben sich die ach so wichtigen Synergieeffekte (auch hier wurden gegenteilige Erfahrungen berichtet). Sie könnten, das sei hier als Tipp an den Dekan am Rande erwähnt, natürlich auch jetzt schon genutzt werden, aber: it wouldn't do to mention...
Als weiterer Vorteil wurde eine mögliche Zusammenlegung der Bibliotheken in den Räumlichkeiten der Krehlklinik (wohin das neu zu gründende Institut verlegt werden soll) vorgebracht -- wenn jedoch die verschiedenen Fächer als verschiedene Fächer dort einziehen sollten, dürfte die gemeinsame Bibliothek sicher nicht daran scheitern, dass die gemeinsame Corporate Identity als InstInterAngSprachLitWiss fehlt. Wenn dem Dekan nichts besseres einfällt, stört dann vielleicht gar nicht so sehr, dass die Kommission vom Rektorat und nicht etwa von der Fakultät eingesetzt wird.
Offiziell soll die Kommission lediglich prüfen, ob eine Zusammenlegung sinnvoll wäre; viel prophetische Gabe und Erfahrung mit genau den Entscheidungsstrukturen der Uni, um die sich jetzt eigens ein Prorektor kümmert, braucht es allerdings nicht, um zu ahnen, dass das das einzige ist, was jetzt schon feststeht. Dass das Rektorat diese Kommission einsetzt und festlegt, wer Mitglied ist, scheint damit zusammen zu hängen, dass die Fakultät der Zusammenlegung eher skeptisch gegenüber steht und einzelne betroffene Einrichtungen sich schon mehrfach dagegen ausgesprochen haben - während das Rektorat die Zusammenlegung allein um des klangvollen Namens willen, den man einer solchen Einrichtung geben könnte und mit dem man Studierende aus dem Ausland anlocken könnte, begrüßt. Altgediente Gremienhaudegen können schon imaginieren, wie die Hauptbeschäftigung der Kommission in einer Namensfindung für das mechtronische Meisterwerk abendländischer Kulturverwurstung bestehen wird.
Die Sitzung glitt allmählich ins Bizarre ab, als der Dekan vorrechnete, wieviel Geld statistisch für eineN Studi anfällt - "wieviel ein Student kostet" heißt das dann bürokratisch, wobei schlicht der Etat eines Fachs durch die Zahl der dort eingeschriebenen Studierenden geteilt wird. Diese Zahlen verbreitet der Landresrechnungshof und sie werden vom Ministerium benutzt, um mögliche Streichungen zu begründen. Mit der Zusammenlegung hängt das insoweit zusammen, als sich bei der Fusion eines Instituts mit vielen Studis und eines Instituts mit wenigen Studis der höchste "Preis" nach unten entwickelt: der Durchschnitt einer großen und einer kleinen Zahl ist immer kleiner als die größere -- Geldsparen für die "mathematically challenged".
Weiter ging es mit dem "Muttersprachenprinzip". Gemeint ist, dass fürderhin vielleicht nur in die Muttersprache übersetzt oder gedolmetscht werden wird. Dass dies im Hinblick auf die spätere Berufspraxis ziemlich schwachsinnig ist, muss wohl nicht extra erwähnt werden. Dennoch will sich am 16.11. ein ganzes Symposium mit dieser Frage beschäftigen. Bereits vom Rektorat entschieden (und vom Hochschulrat und übernommen) ist die Umwidmung einer Professur für Englisch auf Mediendidaktik und ihre Ausgliederung aus der Fakultät an ein Insitut für Mediendidaktik. (Hierzu verspricht die Redaktion in Bälde einen eigenen Artikel)
Und wo schon alle am Rumdoktorn sind: Am 20.12. findet schließlich eine Sitzung in Stuttgart statt, in der die Struktur und die Ausrichtung des IÜD beschlossen werden. Der Dekan will bis zur Entscheidung dieser Sitzung mit der Entscheidung warten, wie in der Sache der Wiederbesetzung Portugiesisch verfahren wird (bis in fünf Jahren dann, d.S.). Dazu kam es schließlich aber doch nicht, nachdem ein Mitglied des Fakultätsrats darauf hinwies, dass im letzten Brief aus dem Rektorat der schöne Satz "Unter diesen Umständen sah das Rektorat als einzige Möglichkeit, ... die Wiederbesetzung der Professur für Portugiesisch in die Entscheidung der Fakultät zu stellen." zu lesen stand. Diese Entscheidung sei genau im Fakultätsrat aber ohnehin schon gefallen -- und tatsächlich entschied sich der Fakultätsrat gleich nochmal, erstaunlicherweise sogar genau so wie vor den Semesterferien.
Wir gratulieren. Wer jetzt denkt, dies sei eine Groteske, ist einE OptimistIn.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 06.02.2002, 14.08.2002