Die Technische Universität München träumt ganz offensichtlich heftigst von einer Karriere als deutsches MIT (ca. $35000 pro Jahr). Das lässt nicht nur der Umstand ahnen, dass sie sich neben dem altbackenen tu-muenchen.de allen Ernstes auch tum.edu (.edu wie US educational institution) hat registrieren lassen, sondern auch ein "Geheimpapier", das gestern an die Presse gelangte.
Dieses Geheimpapier, laut TU-Kanzler Kronthaler nur ein Denkmodell, kommt, wen wunderts, aus den Büros der Studiengebühren-Speerspitze CHE und wird also "Kooperationsangebot" deklariert. Und diesmal wollen es die CHE-Sponsoren aus dem Hause Bertelsmann wissen, wird doch an bis zu 12000 Euro im Jahr Studiengebühren gedacht. Kronthaler hofft, mit solchen klandestin zirkulierten Horrorszenarien die Diskussion zu versachlichen, wobei ihm die Redaktion viel Glück wünscht.
Das Problem: Die TU München samt Präsident Herrmann ist wohl bekannt dafür, alles entschlossen durchzuziehen, was auch nur liberale ZeitgenossInnen ärgern könnte, von transgenen Rindern bis zu Kernreaktoren mit Bombenstöffchen, ganz zu schweigen von Herrmanns Auftritten bei Verbindungsfesten unter dem Motto "Südtirol bleibt unser" (übrigens führten nicht diese dazu, dass Herrmann als bayrischer Wissenschaftsminister unmöglich wurde, sondern lediglich Steuerhinterziehung in fünfstelliger Höhe). Auch wenn die Gebührenpläne nach derzeitiger bayrischer Rechtslage noch nicht durchführbar sind, wäre es überraschend, wenn ausgerechnet solche stramm konservativen Vorkämpfer wie Herrmanns Garde sie zeitnah wieder in der Schublade verschwinden ließen.
Das CHE übrigens hält sich in der Sache noch bedeckt. Vielleicht, vielleicht finden sie ja auch, dass es etwas eigenartig kommt, wenn sich gerade die Macher des Big Bother-Senders RTL und des Tittensenders RTL II anheischig machen, die "bildungsfernen Schichten" völlig unideologisch und mit erprobten Methoden der Marktwirtschaft entscheidend zu verbreitern. Andererseits: Seit wann war aktive Ausweitung des Kundenstamms eine Schande?
Nachtrag (18.5.2002): Das Papier ist -- vorerst nur gescannt -- mittlerweile auch online verfügbar.
Nachtrag (22.5.2002): Vor allem, um zu dokumentieren, was eine sicher erfolglose Haltung zu Studiengebühren ist, dokumentieren wir eine Presseerklärung des "AStA" der TU München zum Thema. Die Leute vom dortigen "AStA" waren zwischendurch etwas in die Kritik geraten, weil sie wohl über eine Kopie des Papiers verfügt hatten, es aber aus nicht ganz klaren Gründen abgelehnt hatten, es zu veröffentlichen, auch nachdem es schon ans Neue Deutschland gelangt war. Aus der Presseerklärung: "Im bundesweiten Vergleich muss die TU München noch einige Defizite in den Bereichen Ausstattung, Betreuungsverhältnis und Serviceangebot ausgleichen, bevor sie an neue Wege denken kann." Was das wohl heißen soll?
Dieser Artikel wurde zitiert am: 03.06.2002, 06.11.2002, 28.03.2003