Der Widerstand gegen die Einführung von Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen ist -- wie von uns vorhergesagt -- de facto vorbei, und auch wenn das dortige Äquivalent des Notopfers Trotha trotz aller Finanznot abgewendet werden konnte: Die Strafgebühren kommen, jedenfalls, wenn mensch der Presseerklärung der zuständigen Ministerin Gabi Behler glauben darf -- womit nebenbei auch gleich klar ist, was mensch vom so genannten Studiengebührenverbot in der sechsten HRG-Novelle zu halten hat.
Bemerkenswert an der Presseerklärung ist vor allem die Sorte Neusprech, die mensch von Personen mit geheimen Sympathien für den Stalinismus erwarten könnte, denn immerhin war Orwells 1984 natürlich vor allem von Erfahrungen mit solchen Genossen geprägt. Behler schreibt den bemerkenswerten Satz "In Nordrhein-Westfalen bleibt das Erststudium grundsätzlich gebührenfrei", um dann -- War is Peace, Freedom is Slavery -- zunächst von Studienkontenmodellen daherzupalavern und dann auch noch zuzugeben, dass sie selbst diese Sozi-Variante der Langzeitgebühren so schnell nicht auf Reihe kriegt, wie sie gerne "Anreize für ein zügiges Studium" bieten würde. Deshalb bestehen diese Anreize bis auf Weiteres aus 650 Euro (bei uns: 511,29) Strafgebühren pro Semester ab Sommersemester 2003 für (noch nicht näher definierte) Langzeitstudis. Studierende im Zweitstudium müssen grundsätzlich zahlen, ebenso Vollstudierende ab 60.
Aber Sozialdemokratie verpflichtet, und so müssen noch ein paar pikante Schmankerln rein, etwa die Ankündigung, die Landesregierung wolle "Gespräche mit der Kreditwirtschaft" führen, auf dass diese den Studierenden besonders günstige Kredite zur Finanzierung der Gebühren einräume. Noch zynischer ist Behlers Freude darüber, "dass es trotz schwierigster finanzieller Rahmenbedingungen gelungen ist, den 1999 mit den Hochschulen geschlossenen Qualitätspakt zu erhalten". Der Qualitätspakt ist nämlich ebenfalls eine Kopie einer Trotha-Idee, in dem Fall der des "Solidarpakts", der im Wesentlichen gescheit üble Kürzungen für die Unis vorsieht. Und weil also die Kürzungen erhalten werden konnten, ist es nur fair, dass die Gebühreneinnahmen ganz offen in den Landeshaushalt gehen und nicht mal so getan wird, als profitierten die Unis irgendwie von den Mitteln, jedenfalls bis 2005.
Die konservativen Spieler in der Hochschulszene sagen wenigstens noch, dass sie Sozialschmarotzer und Loser aus den Unis koffern wollen und dass ihre Sorte Uni richtig fies sein soll. Für Leute, die noch immer nicht sicher sind, was sie im Herbst wählen sollen: Ihr könnt Gerhard Schlangenzunge wählen -- der euch Erlösung verspricht, während er euch das Messer in die Brust treibt -- oder Edmund the Kid -- der immerhin noch offen sagt, dass er ein Massenmörder ist, der euch einfach nur ausrauben will. Viel Spaß beim Kreuzchenmachen.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 21.08.2002