Weiter Widerstand gegen den Irak-Krieg in Heidelberg
Während Regierung und RNZ sowohl im Angesicht des vielleicht nahenden Endes des dritten Golfkriegs als auch in der Hoffnung auf einen Teil des Kuchens im Kleide einer UNO-mandatierten Nachkriegsordnung allmählich umsteuern und ihr Herz für den einen oder anderen (vor allem eigenen) Soldat in Bagdad entdecken, geht in Heidelberg der Widerstand gegen die Krieger jeder Art weiter.
Am letzten Freitag beispielsweise formte sich eine Critical Mass, die -- wohl nicht ganz zufällig -- zum Waffenhersteller Teldix nach Wieblingen fand, dessen "Missile Control"-Computer vermutlich auch in diesem Krieg etlichen Menschen das Leben kosteten. Versuche des bunten Haufens, mit MitarbeiterInnen der Rüstungsschmiede in Kontakt zu treten, waren nicht allzu erfolgreich.
Heute morgen um sieben standen plötzlich rund zwanzig Leute vor dem eilig verbarrikadierten Bosseldorn-Gate zum NATO-Hauptquartier in der Römerstraße. Auch hier scheiterte der Versuch des Kommunikation mit den Blockierten: "Talking to you will get me in trouble," sagte einer der Militärpolizisten, womit er nicht ganz unrecht haben mochte, war doch ein Beschäftigter des AAFES-Ladens in der Römerstraße wegen seiner Kontakte zur Dauermahnwache kurzerhand entlassen worden. Bei der Verteidigung der Freiheit darf es keine Toleranz geben. Immerhin griff die kleine Aktion doch erstaunlich stark in den Betrieb des HQ ein, denn trotz drei anderer offener Tore ergoss sich nach dem Ende der Aktion um acht Uhr ein recht erheblicher Fahrzeugstrom durch das Tor.
Der nächste große Termin für Friedensbewegte und/oder AntifaschistInnen in Heidelberg ist Ostersamstag, der 19.4. An diesem Tag nämlich findet zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ein Ostermarsch in Heidelberg statt, und zwar ab 12 Uhr am Bismarckplatz. Gleichzeitig hat eine Karlsruher Nazigruppe zu einem Aufmarsch aufgerufen, der versuchen soll, die tatsächlich nicht zu leugnenden antiamerikanischen Sentimente bei nicht wenigen KriegsgegnerInnen zu instrumentalisieren -- Ziel der Ostermaschierenden wird auch sein, klarzumachen, dass auch, und jedenfalls historisch ganz besonders, deutsche Kriege Kriege sind und damit Mord, Zerstörung und Verbrechen, dass sie mit Nazis noch weniger zu tun haben möchten als mit den augenblicklichen Herren der Kriege.
Es wäre wünschenswert, die Nazis gar nicht erst nach Heidelberg zu lassen, was bisher immer noch geklappt hat. Dazu mag es übrigens keine schlechte Taktik sein, als Einzelperson oder Kleingruppe vor erwarteten Eintreffen der Nazis um 13 Uhr am Bahnhof dorthin zu flanieren, da es durchaus denkbar ist, dass die Polizei größere, etwa sich von der Demonstration absetzende Gruppen nicht zum Bahnhof lassen wird. Zu einer Blockade des Aufmarsches sollten sich die Grüppchen dann wohl zusammenfinden. Der UNiMUT ruft zu sowas natürlich nicht auf, denn das wäre wahrscheinlich illegal, darf doch in der Verteidigung der Freiheit vor allem auch die Wachsamkeit nicht fehlen.
Nachtrag (16.4.2003): Augenblicklicher Stand der Dinge ist, dass der Naziaufmarsch von der Stadt verboten wurde, weil angesichts der einkaufenden und demonstrierenden Massen eine ordnungsgemäße Absicherung der Nazidemo unmöglich sei. Ansonsten scheinen die Nazis mittlerweile um 13 Uhr bereits am Bismarckplatz sein zu wollen. Unsere Einschätzung ist, dass sie das wohl auf keinen Fall durchkriegen, weil zu diesem Zeitpunkt wohl noch der Ostermarsch dort stattfinden wird.
Nachtrag (17.4.2003): Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat den Nazis weitgehend recht gegeben: Sie dürfen nun marschieren, allerdings nicht in der Altstadt. Wann und wo sie stattdessen sein werden, ist noch nicht bekannt. Es empfiehlt sich, am Samstag um 11.30 bei der Stadtbücherei zu sein. Dort wird eine antifaschistische Gegenkundgebung stattfinden, während der wohl auch der letzte Stand der Dinge bekannt gegeben wird.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 25.04.2003