Pop-Akademie, nackte Gier, Rituale, Hausnummern und Schlüsselkompetenzen
...dass die tolle Pop-Akademie Mannheim, die jüngste "Privat"-Uni des Landes und von der ja so schrecklich leeren öffentlichen Hand mit knapp 4 Millionen Euro gefördert, ein Riesenhit ist? Angeblich haben sich 700 Studis am Auswahlverfahren für die 55 Studienplätze beteiligt. Kaum zu glauben: Es gibt sogar Fotos von der Auswahl auf der Webseite der -- äh -- Eliteschmiede. Immer noch nicht bekannt ist, ob (a) die KandidatInnen bereits Gebühren fürs Auswahlverfahren zahlen mussten (wie derzeit von der Uni Heidelberg geplant) und (b) wie viel sie für ihr "Studium" so zahlen müssen.
...dass Gier bei Verkehrsverbünden nicht unüblich ist? Nicht nur in Heidelberg werden die Preise für Studitickets exorbitant in die Höhe geschraubt, auch in Jena stieg der Preis für das dortige Ticket (das dort komplett im Sozialbeitrag enthalten ist, dafür auch ein viel kleineres Gebiet als unser VRN-Studiticket abdeckt) von 19.95 EUR im Sommersemester 1997 auf jetzt 36.10 EUR. Und auch in Jena mehren sich die Stimmen, die bei derartiger Abzocke ein Ende des Deals fordern. "Fliegen ist billiger" überschrieb unsere Partnerzeitung Akrützel eine einschlägige Grafik...
...dass nicht nur an der Uni Heidelberg die Wiederkehr rückwärtsgewandter Rituale mit der Rückwendung zu längst vergessen geglaubten inhaltlichen und organisatorischen Konzepten (nehmen wir Studiengebühren oder Verschulung a.k.a. Bachelor) einhergeht? Nein, auch in Berlin, wo der Muff von tausend Jahren seinerzeit am nachhaltigsten hochgepustet worden war (und das jetzt auch Studiengebühren, Klausuren und Bachelors hat), wurde die "Amtskette" des FU-Präsidenten aus irgendeiner Schublade gekramt, in der sie Ende der 60er verschwunden war. Bei der bevorstehenden Amtsübergabe von Peter Gaethgens an Dieter Lenzen soll eben auch sie übergeben (aber, anders als in Heidelberg, noch nicht umgehängt) werden. Dazu fällt Uwe Wesel, der 1969 als Vizepräsident diesen Unsinn abgeschafft hatte, nur eins ein: "Lächerlich". Warum emiritieren sie solche Leute und nicht lieber die Frühgreise von heute?
...dass wir die Nummer 5 sind? Oder auch die Nummer 10, oder irgendeine andere Nummer. Dies geht wieder mal aus einem Ranking hervor, diesmal dem DFG-Förder-Ranking 2003, und je nach dem, wie mensch die Zahlen liest, kommt halt irgendwas raus. Mensch darf davon ausgehen, dass im Rektorat schon fleißig gebastelt wird, um aus den Zahlen zu belegen, wie toll exzellent und spitzenplätzig doch gerade die Uni Heidelberg sei. Glaubt den Jungs nicht -- sie lügen sich ihre Welt halt wie gewohnt zusammen so gut sie können.
...dass das Studentenwerk "für sofort eine(n) Betriebsleiter / in" für das neu eröffnete "Zeughaus (Event-Restaurant und Kulturtreff für Studierende)" sucht? Voraussetzung ist neben Kreativität und Durchsetzungsvermögen mindestens eine Ausbildung zum Koch. Somit wäre geklärt, warum Gerüchten zufolge die kundenorientierte Gestaltung des neuen Heidelberger Kulturzentrums einige Effizienzprobleme aufweist -- die Redaktion empfiehlt dem Studentenwerk, auch auf die Bierzapffähigkompetenzen zu achten.
Walter I. Schönlein
Dieser Artikel wurde zitiert am: 03.01.2004