Demos Samstag und Montag
Heute fand die erste der beiden Infoveranstaltungen über die augenblicklichen Studiproteste und -gängeleien statt -- mit eher ernüchterndem Ergebnis, denn keine 50 Leute fanden in den Hörsaal im KIP. Bei der zweiten Veranstaltung, morgen in der Neuen Uni, mags besser ausgehen, denn die zornigen Politik-Studis haben gerade vorher eine große Vorlesung in der Aula, und vielleicht hilft auch der zusätzliche Tag Mobilisierungszeit.
Nötig wäre das. Ein Zweck der Veranstaltungen war nämlich auch die Mobilisierung zu zwei Demonstrationen in Sachen Rettung der tertiären Bildung. Einmal ist das am
Derweil hat gerade heute der Landtag über die Kürzungspläne der Landesregierung beraten, die bewussten 16 Millionen bei den Hochschulen eingeschlossen -- beschlossen werden sollen sie erst im Februar. Finanzminister Stratthaus hat trotz der Kürzungen den ausgeglichenen Haushalt auf 2008 verschoben, was Standard&Poor's dazu bringt, anzukündigen, dass sie die Kreditwürdigkeit Baden-Württembergs in nächster Zeit vielleicht von AAA auf A-1+ (wirklich! -- ihr findet die Rating-Ankündigung nach kostenloser, aber ziemlich intrusiver Registrierung wohl noch eine Weile. S&P machen einem das Deep Linking nicht einfach...) runterraten will. Solche Äußerungen gewiss hochkompetenter Wirtschaftsprüfer sind wichtig in der Politik von heute. Wer sich gegen Getöse dieser Art und Leute wie Stratthaus durchsetzen will, muss schon ziemlich Lärm machen.
Lärm machen die Studis nach wie vor in anderen Teilen der Republik, vor allem in Berlin -- der Schwerpunkt liegt allerdings auf kreativen Aktionen aller Art, fast im Stile des "Lucky Strike" von 1997/98: Studis laufen bettelnd über den Weihnachtsmarkt, Studis hören Vorlesungen im Bahnhof Zoo, Studis visualisieren Kürzungen durch Riesen-Mensch-Ärgere-Dich-Nichts, Studis spielen Statue vorm Brandenburger Tor -- und dennoch äußerte Protest-Übervater Peter Grottian, Politik-Prof an der FU, die Streiks von 2003 seien "auf jeden Fall radikaler als beim Lucky Streik 1997/98. Der Protest damals war unheimlich lieb, die Aktionen medienfixiert, es fehlte die politische Provokation."
Ganz falsch liegt er da nicht, wenn mensch die durchaus nicht unvernünftigen gemeinsamen Forderungen der Berliner Studis so liest und hört, 300 Studis hätten vor dem Berliner Abgeordnetenhaus mit der Polizei gerangelt, fast wie vor Jahren mal wir im Ländle. Nur nebenbei sei angemerkt, dass in dem eben verlinkten, inzwischen ja schon sieben Jahre alten UNiMUT auch schon vermerkt wird: "die Haushaltslage ist katastrophal, sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene." Dass in all diesen Katastrophenjahren eigentlich nichts fiskalisch dramatisches passiert ist, mag bei der Einordnung der augenblicklich verkündeten "Sachzwänge" helfen.
Wie auch immer: Manche Protestexperten sind skeptischer als Grottian. Sein Hamburger Kollege Wolfgang Kraushaar, Mitautor der großartigen Protestchronik (im ZFB einsehbar), lässt sich in der zitty vernehmen, die Studis hätten zu wenig aus vergangenen Streiks gelernt. "Spätestens zu Beginn der Weihnachtsferien," so Kraushaar zutreffend, "sind all die fantasievollen Formen der Mobilisierung wieder verpufft. Das hat fast schon die Symptomatik einer wiederkehrenden Grippe." Sein Schluss: Eine Studigewerkschaft muss her. Studis übernehmen die GEW? Schön wärs...
Und wo wir gerade in der zitty geblättert haben: Dieser schöne Erfahrungsbericht sollte eure Herzen ein wenig wärmen in dieser kalten Zeit.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 13.12.2003, 03.01.2004