Wihis im Land bekommen weniger Geld
...tun wir nur so, als würden wir arbeiten -- dieser alte Sponti-Spruch könnte für Wihis in Baden-Württemberg bald Tagesmotto werden. Sie nämlich werden, so will es eine Verwaltungsvorschrift, die das Finanzministerium in der letzten Woche verschickt hat, demnächst statt 8.02 Euro pro Stunde nur noch 7.53 bekommen (Wihis an FHen haben weniger zu verlieren: Sie haben eh nur 5.58 bekommen und werden jetzt nur um 34 Cent auf 5.24 gekürzt).
Der wirkliche Schenkelklopfer an dieser Salve auf die Füße des Unibetriebs ist aber die Begründung: Im letzten Jahr nämlich hat das Land die Arbeitszeit der Beamten auf 41 Stunden erhöht. Das geht aufgrund des Beamtenrechts recht einfach, und weil Beamte nicht streiken dürfen und das daher in der BRD normalerweise auch nicht tun, ging das recht glatt durch. In diesem Jahr hat nun die Tarifgemeinschaft der Länder "als Folge" (mensch beachte die elegante Verwendung des Sachzwangarguments) den BAT gekündigt und schließt Neuverträge nur noch über 41 (statt bisher 38.5) Stunden ab. Es muss ja, so möchte mensch den naiven, gutmütigen Säufer Onkel Nilsson aus Astrid Lindgrens Madita zitieren, "Gerechtigkeit" sein auf der Welt.
Für die Mehrarbeit gibt es natürlich keinen Lohnausgleich -- die TdL drückt also effektiv eine empfindliche Senkung des Stundenlohns für die Angestellten durch. Damit tut sich aber eine neue Gerechtigkeitslücke auf, da sich jetzt der Abstand von Wihis und Angestellten verkürzt. Das ist, glaubt es oder nicht, die "Erklärung", um nicht von zwingender Ableitung zu sprechen, für die Kürzung bei den WiHhs: Ihre Bezüge müssen auf das 38.5/41-fache (also etwa 94%) der Beträge vor der Kündigung des BAT fallen, eben die oben erwähnten Werte. Dass sie nicht, wie die Angestellten, durch eine Ausweitung bezahlten Kaffeetrinkens die Kürzung ausgleichen können, weil es für sie Arbeitszeitobergrenzen gibt, erzeugt zum Glück keine Gerechtigkeitslücken. Na dann.
Diese neue Zumutung aus Stuttgart zeigt in schöner Isolation, wie ein politischer Wille zur Verschlechterung der Situation lohnabhängig Beschäftigter als Sachzwang (oder gar "Gerechtigkeit") verkauft wird. Besonders deutlich wird die Frechheit hier, weil die WiHis schon seit 1993 keine Lohnerhöhung mehr bekommen haben und nur in Berlin überhaupt einmal einen Tarifvertrag hatten. Ein Affront ist sie aber nicht nur gegen die Betroffenen, die, einmal WiHi, häufig in recht üblen Abhängigkeitsverhältnissen stehen (z.B. weil der/die sie beschäftigende ProfIn später auch ihrE PrüferIn sein wird), sondern auch gegen die Institute, die in etlichen Bereichen schon seit Jahren Probleme haben, überhaupt noch Leute für ihre Stellen zu finden -- dies musste 2001 sogar die erzreaktionäre und gewiss nicht im Verdacht irgendeiner Gewerkschaftsnähe stehende LRK einsehen und empfahl, ausnahmsweise ohne Konsequenz, eine Erhöhung der WiHi-Stundenlöhne.
Auch wenn es in den letzten Jahren nicht schon endlos Gründe für einen WiHi-Streik gegeben hätte: Jetzt wirds höchste Zeit. WiHis, die sich organisieren wollen, können sich bis auf Weiteres erstmal an die Redaktion wenden. Weitere Informationen dürften sich demnächst auf den Seiten der bundesweiten Tarifini finden.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 22.09.2004, 22.12.2004, 25.01.2006