Der "heiße Sommer" gegen Studiengebühren nimmt Gestalt an
In Freiburg ist das Rektorat besetzt, Stuttgart hat gestreikt, in Hamburg gab es Straßenschlachten, selbst MWK-Chef Frankenberg, sonst nicht so gut in der Realität zu Hause, sieht sich gezwungen, eine rationale Diskussion mit GebührengegnerInnen anzubieten -- und auch, tatsächlich auf den Tisch zu legen, dass es ihm bei den Studiengebühren in erster Linie um Gängelei der Studierenden geht ("Gebühren [stärken] die Motivation aller Hochschulmitglieder für das Studium"). Wenig überraschend angesichts der auch sonst wenig fundierten Äußerungen aus dem Mittnachtbau (dem Sitz des MWK, ein wirklich sehenswerter Bunker in der Stuttgarter Innenstadt, in dem noch der heiterste Charakter böswillig werden muss) auch Frankenbergs Einlassung, er vermisse ernsthafte Gegenargumente -- Papiere wie unser mittlerweile als GASA bekannter Artikel sind aus einer Position vermeintlicher Stärke heraus trefflich zu ignorieren.
Aber wie sich zeigt, sind nicht alle Studierenden restlos überzeugt, dass Studiengebühren unvermeidlich kommen und eine gute Idee sind. Auch Rektor Hommelhoff ist das nicht entgangen, und so verschickte er vor ein paar Wochen Briefe an die diversen Fakultätsköpfe, die diese aufforderten, doch die Studierenden zu befragen, was sie wohl mit den Einnahmen aus den Studiengebühren anfangen wollten. Zweifellos ein original bauernschlauer Zug, der mindestens dreierlei erreichen könnte:
Dass Hommelhoff nicht im Traum daran denkt, auch nur ein Iota seiner Machtvollkommenheit an die ungewaschenen Studimassen abzugeben, ist eigentlich schon von Hommelhoffs bisheriger Politik her klar, zumal er auch nie Probleme mit Falschaussagen jeder Sorte hatte (im Feburar 2001 beispielsweise hatte er gegenüber Studis verkündet, Studiengebühren fielen nicht in sein Ressort, um bereits im November des Jahres in der Rhein-Neckar-Zeitung elaborierte Pläne vorzustellen, in Masterstudiengängen mächtig abzukassieren).
Vor allem aber kann auch Hommelhoff nicht so dumm sein, ernsthaft zu glauben, er habe nach der Einführung der Gebühren einen einzigen Cent mehr in der Kasse, während seine guten Bekannten in Stuttgart schon eifrig die nächsten Kürzungen vorbereiten und zudem selbst verkünden, ein wesentlicher Teil der Einnahmen aus den Gebühren werde für Verwaltung und Ausfallbürgschaften draufgehen müssen. All das erhärtet den Eindruck, dass Hauptziel der Gebühreneinführung nicht primär das Geld ist -- mit dem sich ja gar nicht so viel machen lässt -- sondern die Auswirkung der Gebühreneinführung: ein Rückgang der Studierendenzahlen. Kombiniert mit Auswahlverfahren kann man dann auch noch bestimmen, wer kommen darf.
Mit Geld, das es nicht gibt, lassen sich vor allem Dinge finanzieren, an deren Umsetzung kein wichtiger Mensch je denken würde. Glücklicherweise haben die meisten Fachschaften gemerkt, dass sie hier in einem PR-Manöver benutzt werden sollen und haben Vorschläge wie "Die Gebühren sollen an die Studis zurück fließen" in den Fakultätsräten vorgebracht oder anderweitig die Rochade Hommelhoffs offen gelegt. Die Position der FSK, wie sie sich bei der Sitzung am Dienstag abzeichnete, war dann auch (in UNiMUT-Paraphrase): Statt solcher Propaganda-Gimmicks soll Hommelhoff lieber in der gerade in Arbeit befindlichen Grundordnung sinnvolle Mitbestimmungsmöglichkeiten für Studis vorsehen.
Freiwillig wird Hommelhoff da nichts tun. Deshalb, zur Nachahmung empfohlen, ein paar Blicke auf die oben kurz erwähnten Proteste.
All das ist Teil des "Summer of Resistance" (so die Hamburger) oder auch des "heißen Sommers" (so will es der Studi-Dachverband fzs). Das Kalkül, in der Gebührendiskussion den marktfundamentalistischen Positionen des CHE die Lufthohheit zu nehmen, bevor Regierungen und Parlamente ihre Begehrlichkeiten in Gesetzesform gießen, ist sicher richtig. In diesem Sinne: Von Freiburg und Stuttgart nach Heidelberg.
Empfehlenswerte Anlaufstelle, wenn euch die Aktionswut gepackt hat, ist wie immer eure Fachschaft oder auch der AK Studiengebühren , der derzeit immer donnerstags um 19.30 im Raum 4012 der Sandgasse 9 (Institut für Soziologie) tagt (nicht am 5.6.).
Dieser Artikel wurde zitiert am: 30.05.2005