Das Rektorat will eine Loyalitätskommission und versucht sich an Einschüchterung
Elite ist, wenn mensch (a) sich wie Elite fühlt und (b) alle anderen das eigene Gefühl teilen. An beiden Sorten von Gefühl kratzt die Realität, insbesondere, wenn sie im besten Fall von Hartleibigkeit, im schlimmsten Fall von offensichtlichem Gemurkse geprägt ist. Es sei denn, niemand nimmt diese Realität wahr.
So oder ähnlich müssen die Gedanken des Rektorats gewesen sein, als es seine jüngste Kampagne gestartet hat. Ein Teil dieser Kampagne ist eine neue Kommission für "Kommunikations- und Loyalitätsfragen", die sich allem Anschein nach damit beschäftigen soll, was einE MitarbeiterIn oder StudentIn der Uni Heidelberg in der Öffentlichkeit so alles aus dem Nähkästchen plaudern darf -- oder eben nicht. Auf seiner nächsten Sitzung dürfte der Senat die Einrichtung dieser Kommission abnicken. Auf ihr Arbeitsprogramm sind wir jetzt schon neugierig.
In den Zusammenhang einer solchen Kampagne ist wohl auch ein Brief zu stellen, der dem UNiMUT aus der Rechtsabteilung der Universität zugegangen ist und der sich über einige unserer Artikel beschwert. So gegenstandslos die Anwürfe im Einzelnen sind, so bemerkenswert ist dann doch die Ankündigung, unsere Artikel "auf ihre strafrechtliche Bedeutung hin überprüfen und ggfls. entsprechende Schritte einleiten" zu wollen.
Natürlich ist kaum damit zu rechnen, dass das Rektorat ein PR-Desaster Marke "Maulkorb für Studiblättchen" riskieren wird, und natürlich müsste man den Gerichtsstand auch in Zeiten von Ottokatalogen und Vorratsdatenspeicherung schon nach Weißrussland verlegen, um (aus Sicht des Rektorats) aussichtsreich prozessieren zu können -- aber trotzdem: Ein solcher Einschüchterungsversuch ist in sich schon sehr sprechend.
Und hier mal wieder die kostenlose Politikberatung der UNiMUT-Redaktion: Liebes Rektorat, wenn ihr "loyale" Studis und MitarbeiterInnen haben wollt, gebt ihnen Grund für Loyalität. Das heißt -- executive style, i.e. itemized list --:
Hören wir ein Danke für diese Hinweise? Immerhin: Die Kommission hätte euch wieder ein paar tausend Euro gekostet.
Nachtrag (22.3.2006): Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Weit entferrnt von allem Abnicken fand wohl auch der Senat, dass eine Kommission mit so einem Titel verdächtig ist. Jedenfalls hat er in seiner Sitzung am Dienstag beschlossen, zur nächsten Sitzung einen Vertreter des Unirats vorzuladen, der darlegen soll, weshalb der Senat Loyalitätsrichtlinien nötig haben soll.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 05.04.2006, 28.06.2006, 12.02.2007