Letzten Donnerstag war -- gleich nachdem Trotha abgefahren war -- in der Neuen Uni ein Vortrag über die juristischen Aspekte der Trotha-Mayer-Vorfelder'schen "Einschreibegebühren" zu hören, gehalten von Rechtsanwalt Jan Rausch aus Karlsruhe. Juristische Aspekte will sagen: Wenn wir den Gebührenparagraphen 120a des Universitätsgesetzes nicht doch noch auf politischem Wege verhindern können, was haben wir dann noch an Optionen? Damit ist aber auch gesagt, dass der politische Weg über Demos, kleinere Aktionen, Boykott und was es da noch alles gibt, der wichtigere ist -- letztlich wird natürlich das gesellschaftliche Klima auch die Rechtssprechung beeinflussen.
Rausch legte dar, dass die Zahlungsaufforderung nach der Regelung im Gesetz als Verwaltungsakt erfolgen kann oder eben auch nicht, was insbesondere dann einen Unterschied macht, wenn es an die Rückzahlung unrechtmäßig erhobener Gebühren geht. Die Situation in Heidelberg scheint auf einen Verwaltungsakt hinauszulaufen, weswegen mensch prophylaktisch Widerspruch gegen die Zahlung der 100 Mark einlegen sollte, wenn mensch zahlt und das Geld wiederkriegen will, wenn das Gesetz fallen wird. Formulare dafür bekommt mensch bei der FSK in der Lauerstr. 1 und im Büro im Feld (INF 306) sowie hier als Postscript zum selbstdrucken. Die Widersprüche werden vorläufig nicht bearbeitet, wartet also nicht auf eine Antwort. Auch von (durchaus möglichen) Maßnahmen, die Behandlung des Widerspruchs zu erzwingen, sollte mensch absehen, solange über das Gesetz selbst noch kein Urteil ergangen ist. Der Widerspruch hat hier übrigens keine aufschiebende Wirkung, d.h. zahlen müsste mensch trotz Widerspruch -- umgekehrt ist es natürlich sinnlos, Widerspruch einzulegen, wenn mensch gar nicht zahlt.
Während die Widersprüche nur absichern, dass das Geld irgendwann wieder in die richtigen Kassen fließt, muss mensch wohl vors Bunderverfassungsgericht, wenn mensch das Gesetz auf der juristischen Schiene kippen will -- was ergänzend zu politischem Druck durchaus sinnvoll sein kann. Es gibt einige Gründe, die die Karlsruher Richter bewegen könnten, den 120er als verfasssungswidrig und damit nichtig zu klassifizieren, darunter vor allem die Regel, dass eine Gebühr nicht wesentlich über den tatsächlich bei der Erbringung der Dienstleistung entstehenden Kosten liegen darf (Rausch verwies besonders auf die Rechtssprechung des Verfassungsgerichts im Zusammenhang mit Art. 2.1 und 3.1GG). Da nun eine Rückmeldung -- zumal nach dem vereinfachten Verfahren -- sicherlich keine 100 Mark kostet, steht das Gesetz von da her auf tönernen Füßen. Nochmal: Offziell bezahlt Ihr die 100 Mark nicht fürs Studieren, sondern für die Rückmeldung. Das ist so, weil es in irgendeiner Gesetzesschwarte einen Artikel gibt, der Studiengebühren verbietet. Wer sich über den ernsthaften Rechtsweg genauer informieren oder mitklagen möchte, wende sich an den AK Jura.
Im Vortrag nicht angesprochen wurde die Existenz einer weiteren Verfügung des Inhalts, dass Gebühren je nach sozialer Situation derer, die sie zu zahlen haben, auch ganz oder teilweise nachgelassen (niedergeschlagen nennen das die Juristen) werden können. Auch das ist sicher einen Versuch wert, weniger vielleicht um der hundert Mark willen als vielmehr als Dokumentation -- und letztlich kann die Praxis bei den Anträgen auf Niederschlagung auch die Gerichte interessieren. Formulare für diese Anträge gibt es an den oben angegebenen Stellen oder wiederum hier als Postscript.
Anbetrachts der für halbwegs normale Menschen haarsträubenden Materie wars übrigens ein wirklich prickelnder Vortrag. Was wohl daran lag, dass Jan Rausch gewohnt ist, sich seinen Studis gegenüber rechtfertigen zu müssen. Er ist nämlich Repetitor und nimmt somit am größten gegenwärtig in der BRD laufenden Feldversuch in Sachen privat finanzierte Hochschulbildung teil. Trotha und Siebke sollten sich aber nicht allzu nachhaltig über diesen Satz freuen. Der Redakteur -- wie überhaupt Menschen, die noch nicht ihre letzten Gedanken an monetaristische Marktfanatiker verkauft haben -- schließt aus dem unterhaltsamen Stil des Repetitors keineswegs, Privatfinanzierung sei genau das Mittel zur Motivation von DozentInnen. Wirklich notwendig ist ist die Implementierung von Alternativen zum Frontalunterricht und -- durchaus im Zusammenhang damit zu sehen -- eine Demokratisierung der Hochschulen, die letztlich einen auch inhaltlichen Diskurs von Studierenden und Lehrenden möglich macht.