Nachdem die taz sich Ende der achziger Jahre als Pop-Version der Frankfurter Rundschau positioniert hatte, konnte die Junge Welt nach 1989, mehr noch nach 1994, auf ein Stück Brache in der Presselandschaft ziehen: Sie wurde faktisch das Zentralorgan der unorthodxen Linken, von gewaltfreien Anti-Atom-Initiativen und linken Grünen bis weit ins autonome Spektrum hinein gelesen und geschätzt.
Jetzt soll sich das ändern: Der Geschäftsführer des Blattes, Dietmar Koschmieder, hat den bisherigen Chefredakteur Klaus Behnken entlassen und versucht nun, in einer Art Triumvirat das Blatt gegen den Willen der Restbelegschaft -- die hinter Behnken steht -- zu übernehmen, vermutlich mit dem Ziel, eher "bunte" Inhalte zurückzudrängen und die jw auf Einheitskurs KPF zu bringen. Dies liegt nahe, da Koschmieder wie sein Triumvirat sich allesamt der Kommunistischen Plattform der PDS angehörig fühlen, und auch verlauten ließ, er finde, in der jw hätten "antifaschistische und antinationalistische" Strömungen überhand genommen.
Koschmieder glaubt vermutlich, leichtes Spiel zu haben, denn in der jw sind die Beschäftigungsverhältnisse wie in so vielen linken Projekten ziemlich ungeschützt, einen Betriebsrat etwa sucht mensch vergeblich. Dennoch ist nicht sicher, ob der Putsch klappen wird, denn die alte Belegschaft hat nicht aufgegeben, hält gegenwärtig die Redaktionsräume besetzt und führt die Zeitung in Notausgaben weiter. Bei der nächsten Zumutung aus dem Rektorat sollten wir -- ebenfalls durch keinen Betriebsrat vertreten und immer durch Relegation oder Exmatrikulation bedroht -- auch mal sowas probieren...