Der dank Jubiläum derzeit allseits diskutierte "Deutsche Herbst" von 1977 hat für Studis in Bayern und Baden-Württemberg eine ganz besondere Bedeutung. Damals, im Zuge der allgemeinen Hysterie, wurden in beiden Bundesländern die verfaßten Studierendenschaften (VS) und damit jede ernstzunehmende und zugleich offizielle Studivertretung abgeschafft. Wenn mensch sich die Ereignisse etwa um das SPK in Erinnerung ruft oder das, was damals mit der Mathe-Fachschaft passierte (leider sind die entsprechenden Quellen noch nicht am Netz, immerhin können ein paar Splitter aus der Geschichte der FS Math-Phys einen Einblick in die damalige Stimmung an der Uni geben), mag mensch verstehen, was die Herren Filbinger und Strauß damals bewegte, um so mehr, als Filbinger als bekannter Alt-Nazi und Strauß als Mann, der die "Ratten und Schmeißfliegen" schon im Arbeitnehmerflügel der CDU witterte, wohl auch auf diversen RAF-Listen standen.
Dennoch, die Entscheidung war grundfalsch, und nach 20 Jahren und etlichen Gewaltverzichtserklärungen der RAF wird es Zeit, wieder zur Besinnung zu kommen. Das fordert auch die Uni Konstanz, die auf einer VV (die natürlich de facto nur von Studis besucht wurde) eine Resolution mit dem Titel "20 Jahre ohne Verfaßte Studierendenschaft sind genug" beschloss. Wir dokumentieren die Resolution:
Im Herbst 1977 kam es im Fahrwasser der unsäglichen Terrorismus-Debatte zur Abschaffung der Verfaßten Studierendenschaften. Die studentische Interessenvertretung, der AStA, wurde im Universitätsgesetz zu einem Unterausschuß des Großen Senates degradiert, der sich auf die Ausübung eines kulturellen, sportlichen und musischen Mandats zu beschränken habe. Eine politische - und damit auch soziale - Vertretung war damit nicht mehr vorgesehen.
Seitdem verloren die Universitäten zunehmend an Reformfähigkeit und verkrusteten in ihren Strukturen. Heutzutage wird der zwanzig Jahre andauernde Stillstand universitärer Reformpolitik allgemein beklagt und führt zu gesamtgesellschaftlichem Entsetzen über die Durchschnittlichkeit des deutschen Bildungswesens. Zwanzig Jahre lang wurden Studierende nicht ernsthaft in die Hochschuldebatte miteingebunden, so verzichtete man auf ihr Innovationspotential..
Wir sprechen uns deshalb nachdrücklich für die schnellstmögliche Wiedereinführung der Verfaßten Studierendenschaft in Baden-Württemberg aus. Eine VS muß dabei eine vollständige Finanz- und Satzungsautonomie der einzelnen Studierendenschaften enthalten, ihr muß auch die Kompetenz zu einem allgemeinpolitischen Mandat zugebilligt werden und sie darf nicht durch Satzungshoheit des Landes ausgehöhlt werden. Dies bedeutet zusammengefaßt nicht mehr und nicht weniger, als daß die demokratisch legitimierte Studierendenvertretung genau die Rechte und Pflichten beansprucht bzw. wahrnimmt, die gewählten VertreterInnen in einer Demokratie gewöhnlich zustehen.
Wir fordern Bundestag und Bundesrat auf, bei der anstehenden Neufassung des Hochschulrahmengesetzes die VS als Muß-Regelung für alle Bundesländer zu verankern. Wir fordern den Landtag von Baden-Württemberg auf, das faktische Scheitern des "Stuss-AStA" anzuerkennen und eine VS wiedereinzuführen.