Nach dem Baubeginn in Garching ist es etwas still geworden um den Forschungsreaktor FRM-II, den die TU München als Neutronenqulle verwenden will. Umstritten ist der Rektor vor allem, weil er mit hochangereichertem Uran betrieben werden soll, dem Stoff, aus dem die Bombe ist (na ja, sein könnte doch wenigstens). Und so war das Projekt auch im UNiMUT schon einige Male erwähnt (etwa UNiMUT aktuell Januar 97): Immerhin baut hier eine Universität für den Bedarf der Wissenschaft -- sagt sie. Dass da auch viel Siemens-Demonstration dabei ist, von wegen, mit ausreichend Bestimmtheit kann mensch auch in der BRD noch Atomkraftwerke bauen, hatten wir schon spekuliert.
Beim ersten deutschen Atomwaffentest am 4.3.2003 musste leider das beschauliche Städtchen Landshut geopfert werden. |
Was für ein Unsinn das war, war damals jedem/r PhysikerIn klar -- spätestens jetzt sollte auch die breitere Öffentlichkeit merken, dass der Reaktor mit "Wissenschaftsstandorten" nicht zu tun hat. In Science vom 23.1.98 wird gemeldet, US-Vizepräsident Al Gore habe einen Plan vorgelegt, am Oak Ridge National Laboratory -- ironischerweise ein Labor der Nuklearenergieleute des Department of Energy (DoE) -- für 1.3 Milliarden Dollar eine gewaltige Spallationsquelle errichten zu lassen (online im Physics News Update 357). Neutronen "with just the right wavelength" (das ist eins der Probleme mit dem Reaktor) mit einem "high neutron flux" und exaktem Timing der Neutronenpulse. Nur, wer an einer solchen Neutronenquelle gar keine Strahlzeit bekommt, wird sie am dreckigen Garchinger Reaktor beantragen. Manchmal wünscht mensch sich schon, Politik und Wissenschaft würden etwas mehr Abstand voneinander halten.
Nachtrag (7.11.2001): Laut einer gemeinsamen Presseerklärung von BMBF und dem Bayerischen Wissenschaftsministerium vom 25.10.2001 haben Bayern und der Bund vereinbart, dass der FRM-II -- der übrigens immer noch nicht läuft, da die 3. Teilerrichtungsgenehmigung von der rot-grünen Regierung genau wegen des HEU verschleppt wurde -- bis 2011 auf mittelangereichertes Uran (etwa 50% U-235) umgestellt wird. Im Gegenzug wird das Genehmigungsverfahren "zügig" durchgeführt. Wolf-Michael Catenhusen, der zuständige parlamentarische Staatssekretär der Bundesregierung, sagte dazu, die Vereinbarung sichere "die Interessen der Wissenschaft, die für ihre Forschungsarbeiten auf leistungsfähige Neutronenquellen angewiesen ist." Wie schön, dass Entscheidungen dieser Art vor allem von Leuten getroffen werden, die vermutlich nur eine sehr vage Vorstellung haben, was ein Neutron denn eigentlich so sei.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 16.05.2002, 28.03.2003, 30.01.2001