"Hochschule wohin?" lautete der Titel einer Podiumsdiskussion bei der KSG am vergangenen Mittwoch. Nur wenige fanden den Weg dorthin, um die 20 Leute inklusive Podium fanden sich ein.
Kurze Impressionen von der Veranstaltung: Prorektor Kirchheim sprach sich deutlich für Studiengebühren aus. Sie hätten eine tolle Wirkung: wenn ein Professor nicht zu seinen Veranstaltungen erschiene, könne der Dekan ihn vorladen. Außerdem brauche man Studiengebühren einfach, wenn der Staat nicht mehr in der Lage ist, die Hochschulen zu finanzieren. Allerdings sei er für die Einführung eines Stipendiensystems für sozial schwächer gestellte Studierende. Im Gegensatz zu vielen seiner KollegInnen sprach sich Kirchheim klar dafür aus, dass Studierende die Lehrenden evaluieren sollten und könnten. Derartige Umfragen sollten zusammen mit den AbsolventInnenzahlen zur Grundlage für die Mittelvergabe in der Lehre gemacht werden. Die Probleme, so äußerte sich Herr Kirchheim, lägen v.a. in den Geisteswissenschaften, wohl weil die Auswahl nicht so gut sei. Auf Nachfrage verwies er dann auf überfüllte Veranstaltungen, gab jedoch zu, daß es auch problematisch sei, daß beispielsweise in der Chemie die Studierenden ausblieben. Schließlich räumte er ein, daß es wohl nicht nur an der Fülle oder Leere der Veranstaltungen liege und er auch nicht so genau wisse, worin das Problem der Geisteswissenschaften liege. Es gebe viele Studierende, die zu lange oder nicht ernsthaft studierten, andere hätten ihr Abitur nicht in Bayern oder Baden-Württemberg gemacht und hätten daher erhebliche Probleme im Studium, z.B. im Physikum, wenn sie Biologie und Mathematik abgewählt hätten. Bayern und Baden-Württemberg würden hier aber mit den Auswahlverfahren und anderen Maßnahmen in die richtige Richtung gehen.
Markus Böckenförde, "Vertreter der Studentenschaft", konnte Herrn Kirchheim im Wesentlichen zustimmen und zeigte sich enttäuscht darüber, daß das HRG im Vermittlungsausschuß gescheitert sei. Er berichtete, daß in Jura einige Semester lang landesweit Vorlesungsumfragen durchgeführt und die ProfessorInnen landesweit gerankt wurden. Er findet dies sehr gut und wichtig, schaffe es doch eine interne Konkurrenz unter den ProfessorInnen. Weil es in Heidelberg einen Examenskurs (ein Abschlusstutorium, bei dem AssistentInnen ungefähr das bieten, was sonst der Repetitor gegen Beträge um die 2000 DM bietet. d.Red.) gebe, wechselten viele Studierende zum Examen nach Heidelberg. Herr Böckenförde betonte in seinem Schlußwort, er sei er für Vorlesungsumfragen, denn aufgrund der Examenskurse wechselten viele Studierende nach Heidelberg. (??? d.Red.)
Dietrich Hildebrandt von den Bündisgrünen relativierte Äußerungen zur Evaluation. Man könne Demokratie nicht durch Umfragen ersetzen. Für ihn ist die Hochschule durchaus auch ohne Marktmechanismen denkbar und er warnte davor, Universität auf Kauf und Verkauf zu reduzieren. Zu den Protesten des letzten Jahres merkte er an, daß die meisten Forderungen nicht neu gewesen seien, sondern denen der Proteste von 1989 glichen. Der Vergleich zu 1968 sei, so Hildebrandt, nicht gerade der richtige, bei den Ereignissen des letzten Jahres habe es sich nicht um eine soziale Bewegung gehandelt und die Politik habe die Studierenden um den Erfolg gebracht, indem sie sie in Liebe erstickt hätten. Ausgiebig kritisierte er die C-4-ProfessorInnen; diese Festung, so Hildebrandt, müsse man schleifen, sie würden vieles an den Hochschulen blockieren.
Herr Pfisterer von der CDU stellte neben einigen allgemeinen Ausführungen über die Hochschulpolitik in Baden-Württemberg (Leistung, Differenzierung, Wettbewerb, Solidarpakt, Virtuelle Hochschule, Tätigkeit der Hochschulstrukturkommission) heraus, daß alles im Wandel sei. Alles sei in Bewegung und es gebe daher auch mehr Probleme, zum Beispiel Geldknappheit. Der Mensch aber, wolle eigentlich keine Veränderung, sondern Geborgenheit. So sei auch das Wahlergebnis für die DVU in Sachsen-Anhalt zu erklären.
Herr Reinig von der SPD führte aus, dass - insbesondere aufgrund der Einführung des Beschwerderechts und der Studienkommissionen (durch die große Koalition 1995) sich Studierende auch in BaWü inzwischen beschweren dürften und säumige Lehrende belangt werden könnten. Zur Zahl der Studierenden meinte er, wir sollten dankbar für so viele Studierwilige sein. Eine Einführung von Gebühren würde die Finanzierung der Hochschulen nicht wesentlich verbessern, sie sei nur ein Mittel der Steuerung.
Alle äußerten sich im Laufe der Diskussion zu der Frage, wo das Geld für die Hochschulen herkommen solle und wieviel Baden-Württemberg oder die BRD im Vergleich zu anderen Ländern für Bildung ausgeben. Je nach politischer Couleur schwankten hierbei die teilweise sehr detaillierten Angaben, brachten jedoch keine neuen Sichtweisen in die Diskussion. Einige Ausführungen waren nicht ganz nachvollziehbar, vermutlich auch nicht sehr intensiv vorbereitet... Insgesamt kam die Diskussion nicht so recht in Fahrt und wurde erst gegen Ende etwas lebendiger. Das Beisammensitzen in geselliger Runde nach der Veranstaltung soll aber noch interessant gewesen sein. Die Menschen wollen halt Gemütlichkeit.