Trotz des bedauerlichen Abgangs einer Feder des Nichtmitglieder-Unternehmerflügels der SPD (Hasta la vista, Stollmann) und insgesamt moderater Töne in den Koalitionsvereinbarungen der Schröder-Partei scheint klar, dass die deutsche Sozialdemokratie sich den Gewerkschaften entfremdet hat. Das können die Gewerkschaften offenbar nicht zulassen, weswegen die Hans Böckler-Stiftung des DGB jüngst ein Papier zur Bilungspolitik hat erarbeiten lassen, das selbst Gewerkschaftsfresserin und Pinochet-Freundin (gerade jüngst forderte sie die Freilassung des in britischer Untersuchungshaft sitzenden Ex-Diktators) Margret Thatcher in Begeisterungsstürme ausbrechen lassen würde.
Zentraler Punkt des Papiers ist, dass ja kein Geld in den staatlichen Kassen sei, das Bildungssystem aber dringend mehr Geld brauche und deshalb -- klar -- die Eltern für die Ausbildungskosten ihrer Kinder zu guten Stücken selbst aufkommen sollen. Das Modell ist nicht wirklich aufregend: Wer ein Kind zur Welt bringt, soll gleich zu Bank rennen und eine Art Bausparkonto eröffnen, auf dem sich dann mit staatlicher Förderung Geld ansammelt, das später für die Ausbildung des Kindes zur Verfügung stehen soll. Und auch die Gerechtigkeit kommt nicht zu kurz: Die staatliche Förderung nimmt mit wachsendem Elterneinkommen ab.
So weit, so bekannt, der Knaller des Papiers ist aber, dass nicht nur das Studium kostenpflichtig sein soll, sondern bereits die Oberstufe des Gymnasiums. Und später wahrscheinlich die ganze Schule, spätestens, wenn sie die UNiMUT-Redaktion auch in den "Sachverständigenrat" der Böckler-Stiftung hochgedient hat, in dem, oh Schauder, der ehemalige GEW-Vorsitzende Wunder neben der Grünen Ex-Senatorin Volkholz saßen. Da ist mensch um eine Ministerin wie unsere Edelgard glücklich, deren einziger Kommentar zu dem Papier ein Verweis auf die entsprechenden Passagen der Koalitionsvereinbarung war, im Effekt: Nix gibts.
Die Böckler-Stiftung hat das Papier leider noch nicht am Webserver. Wir behalten das aber im Auge.
Nachtrag (31.10.98): Das Papier ist mittlerweile als PDF-Volltext online. Wer nicht den ganzen Sermon in seinen Acrobat Reader ziehen will, kann auch zur Kurzfassung in HTML greifen, die auf dem GEW-Server liegt.