Wolfgang Friedt ist geschäftsführender Direktor des Instituts für Pflanzenbau und Planzenzüchtung I an der Uni Giessen. Rauischholzhausen ist hessische Staatsdomäne (mensch kann sich das auch aus der Luft ansehen). Die beiden kommen zusammen über eine Hoechst-Tochter, die AgrEvo nämlich. Diese liefert dem Professor gentechnisch verändertes Raps-Saatgut, das er auf seinem Versuchsacker aussäen läßt. Damit das für die beiden nicht so teuer wird, schießt die EU aus einem Topf mit dem hübschen Namen "Förderung der Akzeptanz gentechnisch veränderter Pflanzen" Mittel bei.
Das Projekt kam im letzten Jahr so richtig in die Gänge, und nun will Andreas Keller von den Marburger Politik-Leuten gemeinsam mit dem BUND, den Grünen, Greenpeace und der Gewaltlosen (-freien?) Aktionsgruppe Marburg Herrn Friedt bewegen, es abzubrechen. Bisher ist da außer einem Aufruf noch nicht viel passiert, aber immerhin sorgen die Anstrengungen der MarburgerInnen für etwas Öffentlichkeit, die beim lezten Aussaatversuch nämlich nicht recht beteiligt war.
Das Ziel der genetischen Manipulationen am Raps ist dem Redakteur nicht bekannt -- mensch darf aber davon ausgehen, dass es der AgrEvo vor allem um eine Resistenz der Pflanzen gegen die von ihnen hergestellten "Pflanzenschutzmittel" geht, ähnlich den Experimenten der letzten Jahre, die allerlei "Nutzpflanzen" ermöglichen sollten, den Einsatz eines Herbizids mit dem sprechenden Namen "Basta" zu überleben.
Derweil hat -- das nur am Rande -- der US-Gentechnikriese Monsanto in Australien beantragt, dass mehr Rückstände seines Herbizids namens "Roundup" in Sojabohnen stecken dürfen. Das war bisher kein Problem, weil Sojabohnen mit höheren Konzentrationen von Roundup schlicht eingegangen wären. Da aber Monsanto selbst jetzt eine sehr Roundup-resistente Sojabohne entwickelt und auf den Markt gebracht hat, muss jetzt der Grenzwert weichen -- und wird es voraussichtlich auch. Die AgrEvo nun hat natürlich ebenfalls einiges großkalibriges Gift im Programm: "Denis EC -- Fast, effictive relief for whatever's bugging you" oder "Decis -- Proven control for a wide range of insect problems". Wie immer mensch zu Genmanipulation für sich stehen mag, wenn das Ziel ist, nur immer üblere Gifte auf seine Felder sprühen zu können, braucht sie nicht auf viel "Akzeptanz" zu hoffen.
Gentechnik ist übrigens nicht nur an der nach dem Begründer der Agrochemie benannten Uni Gießen ein Thema; auch Heidelberg hat sich damit zu beschäftigen. Wer das tun will, ist herzlich eingeladen, den in etwa zwei Wochen herauskommenden Gentechnik-Reader der FSK in der Lauerstraße 1 abzuholen. Kontakt dazu ist Kirsten.
Schon seit einiger Zeit läuft der CDU-Nachwuchs im Norden Sturm gegen den Schlendrian, der in Sachen politischem Mandat allenthalben eingekehrt ist. Politisches Mandat ist, das sei Leuten verraten, die nicht allzu tief im Jargon der StudivertreterInnen drinstecken, wenn in irgendwelche Gremien gewählte Studis diese Position schamlos ausnutzen, um Inhalte zu bearbeiten, die Studis nichts angehen. Was Studis angeht, wird in den jeweiligen Landeshochschulgesetzen geregelt, im Norden schließt das immerhin Hochschulpolitik ein, in Bayern und Baden-Württemberg hat sich das studentische Interesse auf Sport, Musik und Kultur zu beschränken. Mit anderen Worten gibt es kein politisches Mandat, ein Umstand, der im Allgemeinen als Maulkorb bezeichnet wird. Nebenbei bemerkt hat das politische Mandat ziemlich wenig mit der von der FSK ebenfalls geforderten verfassten Studierendenschaft zu tun -- auch eine solche könnte zunächst mal einen satten Maulkorb haben.
Wie LeserInnen dieser Seiten wohl schon gemerkt haben dürfen, wird dieser Maulkorb-Quatsch im allgemeinen nicht so heiß gegessen, wie er im Roll-Back-Überschwang der Post-68er mal gekocht wurde -- wobei die Rechtslage in Heidelberg auch ein wenig komplexer ist. Der RCDS in Nordrhein-Westfalen nun fand, er brauche mal ein neues Thema, weil die üblichen Tiraden wegen der angeblichen Veruntreuung von Studigeldern an Kommunisten, Schwule und Ausländer seitens des AStA irgendwie keineN mehr vom Hocker rissen. So überzogen sie die ASten von Münster, Wuppertal und Bonn mit Prozessen in Sachen politisches Mandat. Die casus belli lagen typischerweise zwischen hahnebüchend und lächerlich -- Klassiker dabei eine Parodie, deren politischster Teil der Titel "Als wir bei der RAF waren" war. Vor den Gerichten jedoch endeten die Verfahren praktisch durchweg mit einstweiligen Anordnungen, die den ASten unter Androhung von Ordnungsgeldern weitere nicht ihrem gesetzlichen Mandat entsprechende Aussagen verboten.
Dass Studis ihren ASten den Maulkorb umhängen, fand sogar die Nordrhein-Westfälische Bildungsministerin Anke Brunn absurd und stellte sich ostentativ auf die Seite der ASten -- was aber auch nicht viel half: Vor ein paar Tagen wurde gegen den AStA in Wuppertal das erste Ordnungsgeld verhängt, und zwar wegen eines Artikels zu Castor&Co im dortigen Uni-Blatt AStaz. 750 Mark soll der Spass kosten. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, eventuell wollen die WuppertalerInnen in die nächste Instanz gehen. Schlecht wäre das nicht. Vielleicht kann mensch ja mit Fällen wie dem Gießener Frankenstein auch einen Richter überzeugen, dass das Wort Hochschulpolitik gar nicht weit genug interpretiert werden kann...
Die Graswuzelbewegung kommt in die Jahre, aus Graswurzeln werden ziemlich verholzte Stämme. Nach fünfzehn Jahren in den Parlamenten jedenfalls haben die Grünen offenbar ziemlich viel von ihrer libertären -- auch anarchistischen -- Vergangenheit vergessen. Und das offenbar auch in Fragen der Hochschulpolitik, wie mensch schon ahnen wollte, als die Grüne Hochschulgruppe in Tübingen jüngst Studiengebühren vorschlug (UNiMUT akutell berichtete). Um nun noch eins draufzusetzen, hat Matthias Berninger, wie Erzrealo Joschka Fischer für den Hessischen Landesverband der Grünen im Bundestag, jetzt ein Papier zur Hochschulreform verfasst. Vorneweg: Ein Bild sagt mehr als die sechs mal tausend Worte jenes Papiers (ich gebe zu, das ist ein ganz blödes Klischee).
Mensch ahnt jetzt schon, der Kampf durch diese 51 Kilobyte Text lohnt nur für Menschen, die noch Argumente suchen, nächstes Mal nicht die Grünen zu wählen. Nach den ersten paar Sätzen war der Redakteur jedenfalls überzeugt, dass die Unix-Programme grep und wc genau die richtigen Werkzeuge zur Analyse dieses Textes sind. Ein paar Ergebnisse: Berninger plädiert neunzehn Mal für Wettbewerb, schwadroniert an zehn Stellen von Flexibilität und freut sich zu elf Gelegenheiten über die "Globalisierung". Satte zwanzig Mal interessieren ihn Eliten. Viel mehr braucht nicht gesagt zu werden, Berninger hat der Flut Dummschwätzpapieren, die sich in einer Reihung von sinnfreien Klingelwörtern gefallen, ein weiteres hinzugefügt. Und das ist nur deshalb bemerkenswert, weil ja die Grünen vor fast zwanzig Jahren gegründet und inzwischen millionenfach gewählt wurden in der Hoffnung, dass Politik wieder etwas anderes wird als Daherplappern hohler Phrasen.
Ein paar anekdotische Anmerkungen seinen dem Autor aber trotz dieses Verdikts erlaubt: Nachdem mensch in dem Papier vergeblich nach dem Begriff Mitbestimmung sucht, war schon zu erwarten, dass Berninger sich nicht sonderlich für Fragen von verfassten oder sonstigen Studierendenschaften interessiert -- mit einem Hammer vom Kaliber "Daß starke Führung demokratiekompatibel ist, wissen wir in Bonn." (Abschnitt 3.1, erster Absatz) war aber doch nicht zu rechnen. Wobei allerdings Berninger mit Jürgen Siebke, unserem Rektor für das nächste Jahrtausend und Klaus Trotha, unserem Minister für Tausend Mark Gebühren, übereinstimmt, dass Unis ohnehin keine Demokratie brauchen: "Die Gruppenhochschule ist nicht demokratisch, weil sie Gruppenhochschule ist." (Abschnitt 3.1., zweiter Absatz), ein Konzept, das ohne die Studi-Mittelbau-Prof-Hierarchie auskommt, kann Berninger aber nicht erkennen. Er sucht es auch nicht.
Besonders herzig Berningers Bekenntnis zu "Eliten". "Innovationseliten" fordert er, Basisdemokratie ist out, die Gesellschaft will geführt werden, und zwar von Spitzen-WiWis (Berningers Bundestags-Datenblatt verrät übrigens, dass er selbst Politik und Chemie auf Lehramt studiert). Diese wiederum sollen an einer Eliteschule mit dem tollen Namen "Frankfurt School of Economics" ausgebildet werden und eine europäische Antwort auf die Herausforderung durch die Monetaristen Marke Harvard und Chikago finden.
Graswurzel ade -- oder doch nicht? Berninger jedenfalls glaubt, sein Geschwätz sei in Abgrenzung zum Feindbild der "sozialpolitisch überfrachteten und gesellschaftspolitisch überhöhten sozialdemokratischen Bildungspolitik" auf der libertären Seite, verteidige die Autonomie der Menschen. Und in der Tat gibt es, wie in den Anarchy FAQ nachzulesen ist, gerade in den USA einen ganzen Haufen Leute, die glauben, die wahrhaft anarchistische Gesellschaft sei nur über einen Markt zu organisieren. Das wäre dann allerdings die Anarchie, vor der dem Redakteur (und auch den GraswurzlerInnen in seinem Bekanntenkreis) graust.
Fußnote zum Thema Klischee: Die von
uns allen als Gralshüterin bundesdeutscher Demokratie geschätzte FAZ
hat in ihrer Ausgabe vom 7. März die jüngsten Ereignisse in Albanien
auf eine Weise kommentiert, die unser Yuppie-bashing von oben mild
und sanft erscheinen lassen. Ein paar Zitate:
Die Blutrache, eine vorzivilisatorische Form der Gerechtigkeit, die einige Kult
uren bis heute
begleitet [...], meldet sich in Albanien ebenso wieder zu Wort wie andere Verhaltensmuster, die weit
in die Geschichte und Vorgeschichte zurückreichen [...]
Wie viele Völker auf dem Balkan sind auch die Albaner geschult in der Fertigkeit, Banden zu bilden. [...]
Das Bandenwesen, dazu geheimbündlerische Traditionen, die rund um das Mittelmeer anzutreffen
waren und sind, bildeten auch die Grundlage für das balkanische Partisanentum im Zweiten Weltkrieg...
Preisfrage jetzt: Was war die Grundlage für das zivilisierte Soldatendisziplinehrentum derer, gegen die
sich jene vorzivilisatorischen balkanischen Partisanen zur Wehr setzen?
Dieser Artikel wurde zitiert am: 28.03.2003
Vor gut einem Monat war war an dieser Stelle zu lesen, dass als weiteres Symptom des Morbus Trotha etliche WiHi-Stellen in der Altstadt-UB wegfallen würden, was sich in einer während der vorlesungsfreien Zeit von 22.30 auf 20 Uhr vorverlegten Polizeistunde dort niederschlagen würde. Nun sind die Stellen gestrichen, das damals geplante sit in zur Erhaltung der Öffnungszeit war jedoch unnötig, haben sich doch die Offunungszeiten der UB mit dem Ende der Vorlesungen keineswegs geändert. Nun fragt mensch sich: Woher kommt denn das Geld plötzlich, woher die Stellen?
Die Antwort ist schlicht: Das Geld ist (wenigstens vorläufig) nicht da, die Stellen sind gestrichen. Stattdessen verkündete UB-Chef Dörpinghaus in Aktionseinheit mit dem Rektorat vor den versammelten WiHis der UB, es sei nun Zeit für Solidarität unter den Studis (nachdem die Treuhand-Aktion weitgehend vorbei ist, möchte mensch hinzufügen), und die Studis in der UB möchten doch bitte unbezahlte Überstunden leisten. Angesichts des latenten Drucks, der von den Stellenstreichungen ausgeht, ist es wohl nicht allzu überraschend, dass sich die WiHis offenbar fast ausnahmslos bereiterklärten, bei diesem Irrsinn mitzuspielen. Was den Betriebsrat nicht eben begeisterte.
Allerdings soll, so scheint es, diese kostenlose Mehrarbeit nicht auf Dauer geleistet werden. Dem Vernehmen nach hat das Rektorat alle Profs angeschrieben und um eine Spende von hundert Mark für die UB-Öffnungszeit gebeten -- wenn die Herren in der Alten Uni glauben, irgendwer könne das als symbolischen Akt der Solidarität für die von den Einschreibegebühren betroffenen Studis verstehen, dann träumen sie. Ohnehin ist vorderhand noch unklar, wohin dieses Geld gehen soll und ob diese Sorte Soli auf viel Gegenliebe bei den Profs gestoßen ist. Neuigkeiten sind in den nächsten Tagen zu erwarten und dann hier zu finden.
Nicht nur Trotha träumt von Studiengebühren -- auch John Major würde britischen Studis gern welche reindrücken. Bisher haben britische Unis zwar Studiengebühren erhoben, diese wurden aber von den Heimatgemeinden der Studis getragen. Sonstige staatliche Finanzierung der Unis ist demgegenüber eher unbedeutend.
Jetzt soll dieses System soll jetzt gekippt oder doch aufgeweicht werden, und zwar zunächst durch Einführung von Klauseln auf den Zulassungsbescheiden der Unis, die die Erhebung zusätzlicher (d.h. über die von den Gemeinden getragenen hinausgehenden) Studiengebühren vorsehen, wobei bis jetzt keine Beträge festgesetzt oder gar erhoben wurden. Erfreulicherweise nahmen das die Studis nicht so einfach hin, und zumindest an der Universitäten von Kent und Leeds sowie der London School of Economics konnten sie die Rücknahme der Klauseln erzwingen. In Leeds etwa hatten 500 Studis kurzerhand das Rektorat besetzt, nachdem der Rektor über die Feuerleiter geflohen war. Derweil träumt der halbe Stolz des britischen Bildungswesens, die Uni Oxford, in einem Diskussionspapier von "Totalprivatisierung" mit privat aufzubringenden Studiengebühren von zunächst 8000 Pfund im Jahr. Dass es soweit kommt, ist zwar vorerst ziemlich unwahrscheinlich -- unbestritten ist aber, dass dies die logische Konsequenz marktwirtschaftlich orientierter Organisation der Hochschulen wäre.
Der Straf-Tausi für "Langzeitstudierende" beginnt seinen Weg durch den Landtag; die Termine für die Beratungen scheinen jetzt festzuliegen. Geplant ist folgendes:
19.3. | 1. Lesung |
10.4. | Beratung im zuständigen Ausschuss |
23.4. | 2. Lesung |
24.4. | 3. Lesung |
Menschen, denen AKWs und der ganze Zirkus, der zu ihrem Betrieb nötig ist, zuwider ist und die etwas dagegen tun, kommen fast unweigerlich früher oder später mit dem Gesetz in Konflikt -- das wird ihnen etwa dadurch leicht gemacht, dass in kritischen Bereichen häufig Versammlungsverbote verhängt werden, wenn größere Aktionen anstehen.
Vor einem Jahr nun war im Wendland -- also der Gegend im äußersten Osten Niedersachsens, die in einigen Jahren all die strahlenden Hinterlassenschaften deutscher Reaktoren aufnehmen soll -- zum "Frühjahrsputz" aufgerufen, worunter mensch sich eine Art dezentrale Demo im ganzen Landkreis Lüchow-Dannenberg vorzustellen hat. Bei dieser Gelegenheit bestand ein Heidelberger Aktivist auf seinem Recht, sich in der Nähe der Castorstrecke aufzuhalten, was ihn mit einigen Polizeibeamten in Konflikt brachte, deren Tagesbefehl mit diesem Ansinnen nicht verträglich war.
Wie dieser Konflikt ausgetragen wurde, ist wohl nicht mehr zu rekonstruieren, im Ergebnis jedenfalls hatten ein Beamter und besagter Aktivist Hundebisse abbekommen. Um nun eventuellen Schadenersatzforderungen zuvorzukommen, war die Staatsgewalt garadezu gezwungen, ein Verfahren gegen den Störer einzuleiten. Die Beamten vor Ort sahen (berechtigterweise) einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, die Staatsanwaltschaft fügte dem allerhand hinzu, von Landfriedensbruch bis Widerstand gegen die Staatsgewalt.
Doch all die wunderbaren -- und im konkreten Fall eher etwas absurden -- Vorwürfe wurden nie in einem Gerichtssaal gehört: Das Verfahren wurde eingestellt. Angesichts der doch nichttrivialen Vorwürfe überraschte dies auch den Aktivisten, der sicherheitshalber beim zuständigen Amtsgericht nachfragte, wie es denn zu dieser Entscheidung gekommen sei. Und wer sich gefragt hat, was diese Geschichte hier verloren hat, bekommt die Antwort jetzt vom für die Einstellung zuständigen Beamten: "Der Hundebiss ist Strafe genug." Wahrhaft menschliche Einsichten.
Alternde große Männer neigen dazu, sich durch große Taten zu verewigen. Bei unserem scheidenden Rektor Peter Ulmer ist diese große Tat vor allem die Einrichtung eines "biochemischen Zentrums" (vgl. die Artikel in UNiMUT 98 und UNiMUT 104) -- wobei immer noch nicht raus ist, ob daraus was wird, denn so ein Zentrum kostet natürlich viel Geld und braucht viele Stellen. Sorge um unser neues Zentrum ist aber wohl nicht angezeigt, für Taten von diesem Kaliber findet sich im Landeshaushalt immer Geld, auch viel Geld. Aber ein Bauernopfer sollte mensch von einem großen Mann schon erwarten können.
Für dieses Bauernopfer hat Herr Ulmer die Pharmazie im Auge, die mit rund 500 Studis kleinste Fakultät der Uni, deren Chef zudem demnächst emeritiert wird. Mangelnde Effizienz in der Forschung wirft der Rektor dem Laden vor und mangelnde Kooperation mit anderen Instituten; da hilft es dann auch nichts, dass die Studis im großen Durchschnitt mit der Regelstudienzeit auskommen. Die Professoren der Fakultät haben zwar einen zweiseitigen offenen Brief verfasst, in dem sie diese Vorwürfe widerlegen, aber wirklich retten wird sie das nicht, zudem die Widerlegung auch nicht ganz stichhaltig ist.
In der Tat wird die Pharmazie schon seit Ende der achziger Jahre konsequent abgerüstet, die Abwicklung ist seit mindestens zwei Jahren die Pharmazie ziemlich offene Politik des Rektorats, was etwa daran zu sehen war, dass Drittmittelanträge der Pharmis, die über die Forschungskommission des Senats liefen, gar nicht abgestimmt wurden: Die Zukunft der Fakultät war ja so unsicher... Unter solchen Umständen ist die Kritik des Rektors natürlich auch etwas unredlich.
Am 13.3. jedenfalls hat der Verwaltungsrat über die Zukunft der Pharmazie abgestimmt, und nach dem oben Gesagten dürfte es keineN überraschen, dass er die Abwicklung der Pharmazie bis zum Jahr 2002 beschlossen hat. Und so ist es auch nur noch Formsache, dass sich der Senat in seiner heutigen Sitzung diesem Votum anschließt. Immerhin hatten sich aus Anlass dieser Abstimmung gut 50 Studis und Angestellte der Pharmazie vor der Alten Uni eingefunden und versuchten mit Trillerpfeifen, Papier und Transpis die SenatorInnen noch in letzter Sekunde zu einem pharmaziefreundlichen Abstimmungsverhalten zu bewegen. Dafür siehts aber schlecht aus: Es ist nicht überliefert, wann der Rektor das letzte Mal eine Abstimmung im Senat verloren hat. In fünf Jahren dann: Pharmazie ade!
Nachtrag (18.3.97): Wunder geschehen immer wieder. Entgegen aller Tradition und der oben geäußerten Vorhersage hat der Rektor die Abstimmung im Senat mehr oder weniger verloren; die Beschlusslage ist, dass Pharmazie, Medizin und Chemie bis Mai ein Konzept vorlegen sollen, ob und wie es mit der Fakultät weitergehen soll. Ob das mehr ist als eine Gnadenfrist, darf allerdings bezweifelt werden, denn neue Studis werden bei den Pharmis erst mal nicht mehr zugelassen.
Nachtrag 2 (19.3.97) Im Zusammenhang mit diesem Halb-Querschläger aus dem Senat ist vielleicht noch interessant, dass Ulmer in einem Pressegespräch gestern hat verlauten lassen, die Entscheidung des Senats sei lediglich darauf zurückzuführen, dass die Senatsmitglieder unzureichend informiert gewesen seien. Das ist Demokratieverständnis, wie wir es lieben.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 20.01.1999
Fast möchte mensch meinen, das Rektorat sei auf der Suche nach alternativen Finanzierungsmodellen für die Hochschulen. Dieser Verdacht wird durch einen Brief nahegelegt, der heute bei der FSK eintraf. Der Rektor beklagt sich darin über eine "Ausgabe des Unimut..., die Ende Februar 1997 im Internet abrufbar war" (das waren zu diesem Zeitpunkt rund 80...). Der eine Stein des Anstosses war das "an" bzw. dessen Fehlen -- mit größter Wahrscheinlichkeit fehlte es aber gar nicht. Da der Rektor allerdings versäumte, den inkrimierten URL anzugeben, ist der Vorwurf vorläufig nicht ganz widerlegbar. So oder so kann mensch das wohl getrost nach ~/killefit kopieren.
Interessanter ist der zweite Vorwurf, dass nämlich unter Missachtung von allerlei Paragraphen des Landespressegesetzes weder ein Impressum noch ein "verantwortlicher Redakteur" angegeben sei. Abgesehen davon, dass eben doch so eine Art Impressum vorhanden gewesen sein dürfte, ist der mit einer Androhung eines Bußgeldes von bis zu 10000 Mark garnierte Vorwurf auch deshalb eher haltlos, weil die Rechtslage in Sachen Homepages alles andere als klar ist -- nur weil die Pressestelle ihren Laserdrucker jaulen läßt, wird der WWW-UNiMUT jedenfalls nicht gleich zu einem Druckerzeugnis im Sinne des Pressegesetzes ("...mittels der Buchdruckerpresse oder eines sonstigen zu Massenherstellung geeigneten Vervielfältigungsverfahrens hergestellten und zur Verbreitung bestimmten Schriften..."). Wenn wirklich jede "Veröffentlichung" am Internet ein Impressum brauchen sollte, können wir in Zukunft mit langen signatures unter Beiträgen im Usenet rechnen. Die Geschichte ist um so alberner, als offenbar auch der mutmaßliche Initiator der Aktion, Herr Schwarz von der Pressestelle des Rektors, glaubt, auf seinen Seiten (rechtlich vergleichbar mit dem UNiMUT ist auf jeden Fall der "Probelauf" des Uni-Spiegel) auf ein Impressum verzichten zu können.
Herr Ulmer, möchten Sie uns nicht erklären, was eigentlich Sinn der Sache war?
Mehr Transparenz in die gesellschaftlichen Prozesse zu bringen, das war eine der Visionen, die Techno-Libertäre wie etwa die Electronic Frontier Foundation mit dem Internet als großer Hoffnung für eine kommende bessere Demokratie verbanden. Nun, so weit sind wir noch nicht, aber immerhin hat unsere Landesregierung jetzt ihre Presseerklärungen ins WWW gestellt, und zwar unter http://www.baden-wuerttemberg.de/Aktuelles/. Dort finden sich neben Presseerklärungen des Ministeriums für den ländlichen Raum über die schwierige Ertragssituation der Waldwirtschaft und die Standorte der Landesgartenschauen zwischen 2001 und 2008 auch einige der beliebten Presseerklärungen von Trotha. Etwas bedenklich stimmt dabei, dass die Leitseite verkündet, es lägen zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels vier Presseerklärungen auf der entsprechenden Seite, tatsächlich aber nur drei zugänglich sind -- Zensur, Lüge, Versehen, Probleme mit Zahlen?
Letzteres wäre plausibel, die MinisterMath® ist ja berüchtigt. Aber in Wirklichkeit hat das Ministerium vermutlich recht wenig mit dem WWW-Server www.baden-wuerttemberg.de zu tun, die Maschine steht nämlich, wie ein geschwinder traceroute verrät, in Karlsruhe und liegt dort im Netz des IRA -- der dortigen Informatiker also --, genauer auf einem Rechner des Telecooperation Office. Die ganze UNiMUT-Redaktion empfielt herzlichst diesen Link mit den besten Wünschen, die werktätigen Massen möchten sich von den Bildinhaltsträger links oben zu noch entschiedener Erfüllung des Haushaltsplanes inspirieren lassen.
Getrieben durch das teilweise haarsträubende Parkverhalten in Studi-Verkehrsachsen wie der Mönchhof- oder der Seminarstraße tun auch hiesige Studis, was der Münchner Michael Hartmann als Teil einer Strategie für einen menschlicheren Verkehr vorgemacht hat: Carwalking, das entschlossene Übersteigen falsch und behindernd parkender Autos (vgl. UNiMUT 104, 107 und 108). Wer bisher keine Gelegenheit hatte, sowas mal zu probieren, wird das wohl in der "Mobil ohne Auto"-Woche Mitte Juni nachholen können. Schon vorher, vom 1. bis 8. Juni 97, will Michael Hartmann in München ein europaweites Treffen von Verkehrs-AktivistInnen organisieren -- und hat durchaus große Dinge im Kopf, 500 bis 1000 Leute will er unterbringen. Infos dazu gibts bei
Michael Hartmann