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UNiMUT aktuell -- April 1997

Vorbereitung (3.4.97)

Von den Taten des Carwalkers Michael Hartmann war im UNiMUT schon des Öfteren die Rede, jüngst erst wieder von dem europaweiten Anti-Autoterror-Treffen, das er im Sommer (Achtung: Der Termin hat sich ein wenig verschoben und liegt jetzt bei Anfang Juli) in München veranstalten will.

Wer Interesse an "Neuen Wegen im Verkehr" hat, aber nicht nach München will, kann sich schon am 14.5 ab 14 Uhr im AKK (dem Arbeitskreit Kultur und Kommunikation) in Karlsruhe von Michael Hartmann in Theorie und Praxis der Rückeroberung der Straßen einführen lassen. Ende 1995 hat Michael Hartmann bereits ein Seminar dieser Art im hiesigen Karlstorbahnhof gehalten -- wer das damals verpasst hat, sollte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Übrigens ist das Seminar nur ein kleiner Teil des Karlsruher Umweltsymposiums.

Wer hinwill und mit dem Zug kommt, nimmt am besten vom Hauptbahnhof Straßenbahnlinie 6 und fährt bis Kronenplatz/Uni; von dort sollte es Wegweiser zum AKK geben. Mit dem Rad fährt mensch die Durlacher Allee rein (das ist die B10 und von Heidelberg aus gar nicht zu verfehlen) und biegt dann nach rechts ab, bevor mensch in die Fußgängerzone kommt.

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Vergessen... (3.4.97)

Wer sich fragt, warum die "an"s in dieser Ausgabe vom Papier-UNiMUT bunt sind und etwas merkwürdig aussehen: Es hat wirklich nichts mit dem Brief vom Rektor zu tun. Wir haben das "an" -- das normalerweise ganz am Ende des Layouts eingeklebt wird -- diesmal schlicht vergessen, was erst auffiel, als die fertigen UNiMUTe in der Lauerstraße ankamen. Einige fleißige Hände haben daraufhin aus einem alten Flaschenkorken einen Stempel improvisiert und die Auflage gerettet: Vielen Dank dafür sagt die Redaktion, die Asche auf ihr Haupt streut.

Übrigens: Das "an" wäre diesmal ein kleines "Der Rektor will es" über einem großen "AN" gewesen...

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Rot, Grün, Schwarz? Beirat! (5.4.97)

Vor gut einem Monat war an dieser Stelle von den Träumen des bayrischen Kultusministers Zehetmair in Sachen Hochschulreform zu lesen. Nun legt auch seine hessische Amtskollegin, Wissenschaftsministerin Hohmann-Dennhardt, ihre Pläne auf den Tisch, anders als Zehetmair schon in einem ausformulierten Referentenentwurf.

Wer nun erwartet hat, das rot-grüne Reformprojekt würde einen Kontrapunkt zu Zehetmairs autoritärer und "konkurrenzfähiger" Traumuni anbieten, hat nicht nur das Berninger-Papier nicht gelesen, sondern sich auch nachhaltig getäuscht. Auch in Hessen werden selbst die traurigen Rudimente der Demokratie, die es an Unis hier und dort noch geben mag, demontiert (unter dem Titel "Stärkung des Präsidenten" oder, wenns nett sein soll, "Stärkung des Senats", was alles unter "Straffung der Entscheidungsstrukturen" läuft), und auch auf die brilliante Idee mit dem Beirat inklusive "Repräsentanten aus Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft" ist mensch in Hessen gekommen.

Aber seien wir nicht ungerecht: Wir in Baden-Württemberg könnten schon froh sein, wenn wir was wie den §67 in unserem UG hätten, von den Regelungen über die Studentenschaft ganz zu schweigen. Vor allem die Aufgaben der Studentenschaft scheinen so weit gefasst, dass ASten in Hessen schwer ans Bein zu pinkeln sein wird, wenn sie sich so eine Art politisches Mandat einfach nehmen.

Was bei alledem übel aufstößt, ist die Regelungswut in Sachen Beschäftigungsverhältnisse. WiHi darf mensch nur noch insgesamt vier Jahre sein, Wissenschaftliche Assistenten kriegen von vorneherein nur noch auf drei Jahre befristete Verträge, die mit viel Glück um drei Jahre verlängert werden; auch für den restlichen Mittelbau klingt §82 (3) ganz so, als seien befristete Beschäftigungsverhältnisse genau das, wovon alle Mittelbauler träumen: "Ein unbefristetes Beschäftigunsverhältnis kann [...] begründet werden."

Und ich dachte immer, die Grünen würden jetzt endlich mal die Habilitation abschaffen oder wenigstens Schluss machen mit dem wahnwitzigen Berufungswesen. Schade auch...

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Leserbrief aus Tübingen (6.4.97)

Folgender Leserbrief erreichte uns von einem Mitglied der Grünen Hochschulgruppe in Tübingen:

Der UNiMUT ist sicherlich eine der letzten Bastionen der reinen Lehre. Unlängst durfte man allerdings einige Sätze lesen, die in einem Sinn an Bert Brecht erinnern, der den Redakteuren kaum gefallen dürfte. Zu den Ergebnissen einer Umfrage unter Studierenden hies es da "erschreckenderweise fand fast ein Viertel der befragten Studis Gebuehren voll ok". Und nach der erstaunlichen Analyse, dass überrepräsentativ viele Befragte auf das Treuhandkonto eingezahlt hatten, hieß es: "Was so ein (gemeint ist: repraesentativer) Sample zu schlucken bereit gewesen wäre, will ich lieber gar nicht wissen." Brecht hat dazu geschrieben, die Politiker sollten sich ein neues Volk wählen, wenn sie mit seiner Meinung unzufrieden sind. Es scheint, die Redakteure des Unimut unterliegen derselben Notwendigkeit.

In der Tat ist davon auszugehen, dass eine breite Mehrheit der Studierenden bereit wäre, Studiengebühren zu zahlen, wenn zwei Grundvoraussetzungen erfüllt wären, nämlich soziale Verträglichkeit und Verwendung der Gelder fuer eine bessere Ausstattung der Universitäten und eine qualitative Aufwertung der Lehre.

Die letzten Reste der Revolution, die das Auftreten der Studierenden in der Öffentlichkeit maßgeblich prägen und anscheinend auch den UNiMUT fest im Griff haben, wehren sich gegen diese Erkenntnis mit Händen und Füßen und schrecken, wie Markus Demleitner, auch nicht vor ueblen Kampagnen zurueck.

Der Hochschulpolitische Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion, Matthias Berninger wird zum Verfasser von "Dummschwätzpapieren" degradiert und der locker-flockige UNiMUT-Redakteur schreckt auch nicht davor zurueck, ein im Internet verfügbares Bild von Berninger als Beleg fuer dessen Politikunfaehigkeit zu präsentieren. Zitat: "Ein Bild sagt mehr als die sechs mal tausend Worte jenes Papiers."

Ähnlich rüde wurde die Grüne Hochschulgruppe Tübingen wegen ihres Vorstoßes in Sachen Studiengebühren im Februar angegangen. Unter der Überschrift "Tübingen läuft Amok" war dort zu lesen, dass die Grünen mittlerweile zu der Überzeugung gelangt seien, "dass sich Leistung halt wieder lohnen muss und also die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden muessen. Klar, da muss man den Reichen die Möglichkeit geben, sich aus der solidarischen Finanzierung der Hochschulen zurückzuziehen."

Es ist bedauerlich, dass so mancher Gralshüter linker Lehre - nachdem die SPD als Heimat verloren gegangen ist und nun die Realo-Grünen zum Feindbild erklärt werden, bleibt ja wohl nur noch die PDS - die Fähigkeit zu differenzierter Analyse verliert, wenn es um Studiengebühren geht. Der Vorschlag der Grünen Hochschulgruppe hätte eine solche verdient gehabt. Der Idee nach gehen Studierende in dem zitierten Vorschlag eine Zahlungsverpflichtung von 1000 DM pro Semester ein, die jedoch nur eine Rechengröße ist und sich auf das durchschnittliche Akademikereinkommen bezieht. Realiter zahlt man nach der Beendigung des Studiums pro 1000 DM 0,066% seines Bruttoeinkommens über 25 Jahre, so dass ein Spitzenverdiener bis zu 30 000 DM Studiengebühren zahlen muß während die unteren Einkommensgruppen deutlich weniger als 12 000 DM zahlen und das Existenzminimum völlig freigestellt ist. Eine Verzinsung findet nicht statt, ein Verschuldungsrisiko besteht nicht, nur wer gut verdient zahlt auch, der materielle Nutzen des Studiums findet eine angemessene Berücksichtigung.

Überdies war der Vorschlag in ein Netz von Vorbedingungen eingebunden, zuvörderst die Einführung des von Ultralinken innig gehassten BAFF (Bundesausbildungsförderungsfonds), der von den Grünen vorgeschlagenen Alternative zum mittlerweile völlig entkernten BAFöG. Das BAFF erlaubt jedem Studierenden nach freier Entscheidung und ohne Antrag die Entnahme von 1000 DM pro Monat aus einem Topf, der aus zwei Quellen gespeist wird: Erstens der Streichung aller bisherigen staatlichen Leistungen für Studierende von Kindergeld bis BAFöG, und zweitens einer Rückzahlung, die exakt nach den Modalitäten verlauft, die für das Modell nachlaufender Studiengebühren der Grünen Hochschulgruppe Tübingen verwendet wurden. Weitere Bedingungen waren eine Demokratisierung der Hochschule - wer zahlt, muß auch mitbestimmen können, was mit dem Geld passiert - und die Verwendung der neuen Mittel fuer die Hochschulen, nicht zur Sanierung des Landeshaushalts.

Die linke Kritik hat sich bis heute nie die Mühe gemacht, einen Standortvergleich durchzufuehren. Würde das BAFF+nachlaufende Studiengebühren-Modell realisiert, stuenden wir Studierenden nämlich bedeutend besser da als heute. An die Stelle des BAFöG, das nichts mehr taugt, würde eine elternunabhängige bedarfsdeckende Finanzierung der Kosten des Lebensunterhalts treten, die den heute existierenden sozialen NC abschaffen könnte. Die Universitäten hätten mehr Geld für die Lehre zur Verfügung, die Studierenden mehr Mitspracherechte und in der Öffentlichkeit muesste man sich nicht gegen den fatalen Eindruck zur Wehr setzen, die Studierenden nutzten den Steuerzahler aus und seien unsolidarisch.

Die Ultralinke hat sich stattdessen auf Schlagwort-Kampagnen beschränkt. Bildung muß kostenfrei sein, heißt es lapidar. Das BAFF, so wird kritisiert, entlasse den Staat aus seiner Verantwortung und Studiengebühren stellten generell eine soziale Sauerei dar. Wie gezeigt gilt dies nicht fuer nachlaufende Studiengebühren, die sozialverträglich gestaltet werden können. Bei der Kritik am BAFF wird geflissentlich übersehen, dass die "Reichen", die nichts aus dem Topf entnehmen und also auch nichts zurückzahlen, damit auf Zuschüsse in Hoehe von 500 DM verzichten (Kindergeld/-freibetrag), die sie bisher nach dem Gießkannenprinzip auch als Millionärstöchter erhalten haben. Die wirklich Reichen finanzieren die Armen also stärker mit als bisher!

Welche Ergebnisse die Betonkopf-Mentalität der Ultralinken zeitigt, dürfen nun alle Studierenden auskosten: Der Landtag wird schon bald Studiengebühren für sogenannte Langzeitstudierende verabschieden und die Studierenden sehen ohnmächtig zu. Die Schuld liegt natürlich bei den feinen Herren mit dem Adelstitel im Ministerium und ihrer konservativen Gefolgschaft, aber das Auftreten der Studierenden in der Manier des Markus Demleitner hat leider verhindert, effektive Strategien gegen diese Entwicklung, die mit Sicherheit in allgemeinen, sozial absolut unverträglichen Studiengebühren enden wird, zu verfolgen.

Es ist bedauerlich, dass ideologische Verbohrtheit dieser Art die Ultralinken daran hindert, die Intention des Vorstoßes der Grünen Hochschulgruppe Tübingen zu realisieren, nämlich gerade die unsozialen und kontraproduktiven Studiengebühren, zu verhindern.

Wir hätten eine Chance gehabt, durch eine effiziente Kombination aus Boykott, Öffentlichkeitsarbeit und Verhandlungsgeschick die jetzt anstehenden Beschlüsse und eine bereits absehbare Erhöhung der 100-DM-Gebühr zu verhindern!

Boris Palmer, Mitglied der Grünen Hochschulgruppe Tübingen,
AStA-Referent fuer Umwelt und Verkehr an der Universität Tübingen
http://www.uni-tuebingen.de/uni/qfa/
e-mail: boris.palmer@student.uni-tuebingen.de

Kurze Stellungnahme: Zuallererst ist aus dem Umstand, dass mein Name unter den UNiMUT-Seiten steht, nur abzuleiten, dass ich sie betreue; im Einzelfall können die Artikel von ganz anderen Leuten geschrieben sein. Mit den angesprochenen Artikeln stimme ich aber weitgehend überein.

Das Brecht-Zitat sollte nach meiner Auffassung eher "Wäre es da nicht besser, wir würden aufhören, den Leuten mit alberner Standort-Propaganda Angst zu machen und erzählten ihnen, was wirklich los ist an den Unis?" heißen -- denn das ist das fundamentale Problem all der jüngeren Äußerungen der Grünen zum Thema Hochschule: Über dem Entwerfen leerer Worthülsen und wortgewaltiger Finanzierungskonzepte übersehen sie, dass die Unis in Wirklichkeit gegen ganz andere Wände fahren, wozu wesentlich die feudalistische Struktur und ein völlig antiquiertes Konzept (Stichworte: Berufsausbildung, Frontalunterricht, Gängelung der Studis) beitragen. Wer das nicht zentral behandelt, kann m.E. seine Reformpapiere gleich dem Reißwolf überantworten. Die materiellen Fragen sind letztlich Machtfragen, und die werden durch noch so viele Reformpapiere nicht beantwortet, sondern nur dadurch, dass Studis und sonstige Mitglieder an ihren Unis etwas haben, das sie ernsthaft gegen Angriffe verteidigen wollen. Das ist im Augenblick wohl nur in Ausnahmefällen so.

Weiter ist die FSK und damit auch der UNiMUT sicherlich nicht ultralinks, ob ich es bin, dürfen wohl Menschen beurteilen, die mich besser kennen. Die Aussagen in den betreffenden Artikeln wird allerdings nur als ultralinks brandmarken (?) können, wer sich längst aus dem sich noch so diffus als links definierenden Spektrum verabschiedet hat. Mensch braucht auch nicht unbedingt ultralinks zu sein, um das BAFF abzulehnen (von Hass kann angesichts der grünen Chancenlosigkeit, diese Dystopie auch durchzusetzen, keine Rede sein); Nachdenken und einiger Abstand von rein taktisch orientertem Handeln reicht. Ähnliches gilt für die "nachlaufenden Studiengebühren": Mögen sie sozialverträglich sein, eine Diskussion über Studiengebühren ist jedenfalls nicht angesagt, und der Effekt nachlaufender Studiengebühren ist mit erheblich weniger Bürokratie durch schlichte Einkommens- und Vermögensbesteuerung zu erreichen -- nur klappt es dann halt ein bisschen schlechter mit der Leistung, die sich wieder lohnen soll.

Der Vorwurf wegen des Bildes und der tausend Worte zieht natürlich. Aber andererseits möchte ich sehen, wer der Versuchung, sich über eine so perfekte Übereinstimmung von Klischee und Wirklichkeit lustig zu machen, widerstehen könnte. Abgesehen davon ist die ironische Brechung dieses Satzes durch die zugehörige Fußnote wohl mehr als klar.

Den letzten Absatz finde ich unter so einem Brief schlicht lächerlich. Traurig hingegen von einem Grünen der Absatz über die Heimstätten der Gralshüter linker Lehre: Für mich -- und auch für einen Großteil der FSK -- spielt sich Politik nicht in Parteien ab; es geht um Inhalte und nicht um Fahnen oder Plakate, hinter denen sich irgendwer versammelt. Die Grünen haben das mal ganz ähnlich gesehen, damals, als Basisdemokratie noch das große Ziel war, als die Köpfe von den Plakaten verschwinden sollten und Berufspolitiker gleich wieder aus ihren Ämtern rausrotiert wurden (woraufhin sie sich in der SPD wiederfanden...)

Markus Demleitner

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Die letzte Messe (7.4.97)

Es war hier schon zu lesen: am 23. und 24.4. wird der Straftausi zum zweiten und dritten Mal gelesen werden, das Gesetz also, nach dem Studis am dem 14. Semester jedes halbe Jahr 1000 Mark zahlen müssen, wenn sie nicht rausgeworfen werden wollen. Die FSK würde das nun gern durch eine Veranstaltung begleiten, und zwar etwa von 10 bis 15 Uhr auf dem Schlossplatz in Stuttgart, quasi gegenüber vom Landtag. Gedacht ist an einer Art kleines Festival, auf einer Bühne werden verschiedene Künstler auftreten, daneben wirds allerlei kleinere und größere Aktionen geben.

Problem dabei: Es werden noch Leute gebraucht, die bei der Organisation helfen möchten. Wer ein paar Stunden opfern will, maile an fb5@ix.urz.uni-heidelberg.de.

Übrigens werden Heidelberger Studis am 23.4. eine Petition gegen die 100 Mark beim Landtag einreichen. Am Tag darauf werden um 11.59 für eine Minute alle Räder stillstehen -- eine Gedenkminute für die Bildung soll die Unis möglichst bundesweit an unser Schicksal in BaWü erinnern. Der UNiMUT wird zu gegebener Zeit darüber berichten.

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Geheimräte (10.4.97)

Gespart werden muss, verkünden Leute wie unser Finanzminister Mayer-Vorfelder oder selbst Klaus von Trotha, der etwas ehrlicher hinzufügt, es müsse an der richtigen Stelle gespart werden. Wer allerdings einen zweiten Blick in die Haushaltspläne wirft, wird sich des Eindrucks nicht erwehren können, dass der "Sachzwang" Sparen eigentlich nur als Vorwand verwendet wird, um sich Kritik an politischen Entscheidungen zu sparen -- mensch denke nur an das 700-Millionen-Sonderprogamm, das Trotha dieses Jahr zur Förderung von schnieker High-Tech- und Industrieforschung sowie von Spar-Unis a la BA auflegt, während er beteuert, auf die 40 Millionen aus den Einschreibegebühren bitter angewiesen zu sein.

Obwohl der politische Wille im allgemeinen schon ziemlich festliegt, ließ es sich die Landesregierung nicht nehmen, eine Strukturkommission einzusetzen, die beschließen soll, wo an BaWüs Unis der Rotstift treffen soll; dieser Strukturkommission arbeiten lokale Kommissionen zu, so auch in Heidelberg -- was darin beschlossen wurde oder wird, konnte mensch bisher im UNiMUT nachlesen, etwa im Gremiengeflüster des UNiMUT 123 (Tip: Sucht mal auf unserer Archiv-Seite nach "Strukturko" oder so).

Damit soll jetzt Schluss sein: Bei seiner letzten Sitzung beschloss das Gremium, seinen MitgliederInnen eine Verschwiegenheitspflicht aufzuerlegen, von der nur Gespräche mit KollegInnen ausgenommen sind; abgesehen davon, dass dies offenbar den Siebke'schen Politikstil (informelle Gespräche statt halbwegs legitimierter Gremien -- ein bisschen fühlt mensch sich da an die Mafia erinnert) vorauseilend reflektieren soll, ist es natürlich extrem fragwürdig, wenn strukturelle Entscheidungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgehandelt werden -- immerhin geht es um Gedeih oder Verderb ganzer Fakultäten (etwa der Pharmazie), um Zusammenlegung oder nicht (deswegen sind Menschen schon ins Gefängnis gegangen) und auch um Fragen der Gesamtverfassung des Uni. Gerade weil auch in diesem Gremium die Profs über eine erdrückende Mehrheit verfügen, wäre es für uns als Studis wichtig, unsere Interessen durch öffentlichen Druck zu vertreten. Ob wohl Absicht dahintersteckt, wenn das nach dieser "Nachrichtensprerre" (ruprecht) noch schwieriger ist als zuvor?

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Verwaltung. Gericht. (11.4.97)

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat gesprochen und die Einschreibe- resp. Rückmeldegebühren für rechtmäßig erklärt. Dass das nicht viel bedeutet, weiss, wer Mitte Februar in den Wirren des Semesterendes die Ruhe gefunden hatte, dem Vortrag des Karlsruher Rechtsanwalts Jan Rausch zu lauschen: Verwaltungsrichter, zumal in Baden-Württemberg, so führte Rausch aus, seien erzogen, niemals irgendeine Entscheidung zu treffen, die sich gegen irgendeine Sorte von Regierung wenden könnte. Seine Vorhersage war, dass die Studis über die Baden-Württembergische Gerichtsbarkeit werden hinausgehen müssen, wenn sie denn Recht bekommen wollen.

Wer mehr über den vorliegenden Entscheid erfahren möchte, sei auf die etwas tiefergehende Stellungnahme des AK Jura verwiesen. Übrigens braucht der AK Jura auch deine Mithilfe, ob du nun Jurist bist oder nicht...

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Die Mahnungen sind draußen (11.4.97)

Gestern verließ ein großer Postsack die Zentrale Universitätsverwaltung: Die lang erwarteten Mahnungen für die Leute, die weiterhin das Notopfer Trotha (die 100 Mark "Einschreibegebühren") nicht bezahlt haben. Unter Hinweis auf §120 des UG wird in dem Mahnschreiben zur Zahlung bis zum 22.4. aufgefordert; andernfalls müsse die Exmatrikulation angedroht werden, eine aufschiebende Wirkung von Klagen oder Widersprüchen wird negiert -- das darf eher als gewagte Behauptung gelten, auch wenn es sicher ziemlich riskant ist, es drauf ankommen zu lassen.

Wer jetzt zahlen will (und das ist klug, wenn der Studienplatz gefährdet oder für irgendeine Beschäftigung nötig ist), möchte bitte die Überweisungsträger der Uni verwenden, das Geld mittels eines auch im ZFB verfügbaren Vordrucks vom Treuhandkonto zurückfordern und schließlich mit unserem Formular Widerspruch gegen die Zahlung einlegen (etwas mehr zu den rechtlichen Fragen hatten wir im Februar an dieser Stelle).

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23.4. Stuttgart: Demo und Happening gegen Strafgebühren (18.4.97)

Wie im an dieser Stelle auch so erwartet, werden die Studis nicht einfach zusehen, wie der Landtag Geldstrafen für nach mehr oder minder willkürlichen Kriterien "überlange" Studienzeiten einführt -- einmal, weil viele Studis nicht recht verstehen können, warum sowas überhaupt bestraft werden soll, und dann, weil Befürchtungen, "überlang" könnte schon bald auch nur ein Semester sein, nicht ganz unbegründet sein dürften.

Tatsächlich gibts am 23.4. in Stuttgart viel zu tun: Neben dem Happening/Fest am Schlossplatz hat Karlsruhe mit Unterstützung der GEW eine Demo organisiert, die um 11.30 Uhr am Hauptbahnhof loslaufen soll. Um 13 Uhr wird die Demo zum Aktionstag am Schlossplatz stoßen; dort wird es nach bisheriger Planung neben den obligatorischen Infoständen viel Kultur und Phantasie geben: Kabarettgruppen, Bands, Dosenwerfen auf Minister, und bestimmt auch das eine oder andere Spiel, das sich mit dem nahegelegenen Landtag befasst... Das wichtigste jedoch ist, dass viele Leute da sind. Also, nehmt euch den Mittwoch frei und tut was gegen die Strafgebühren!

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Es ist passiert (18.4.97)

Manchmal ist die Eigendynamik der öffentlichen Meinung verblüffend. In einem Netz, in dem sich allenthalben Bauanleitungen für Bomben finden, in dem Waffenhändler zu den top 5% of all web sites zählen (z.B. die Ulimate Weapons Systems), erregen sich deutsche Staatsanwälte mit geradezu sysiphotischer Ausdauer über die Netzfassung des Autonomenblattes radikal. Es konnte nicht ausbleiben, dass das DFN, Betreiber eines guten Teiles des deutschen Internets und insbesondere auch "Provider" für die Uni Heidelberg, reagiert; das ist jetzt geschehen, der inzwischen fast legendäre niederländische Server www.xs4all.nl wurde aus dem routing genommen, d.h. Pakete, die dorthin laufen sollen, kommen von Heidelberg aus nicht weiter als bis Karlsruhe (es lohnt sich, das mal mit traceroute zu überprüfen). Ironischerweise kommen Pakete zur ebenfalls nicht unumstrittenen auschwitzlügendenden "Zundelsite" nach wie vor ungehindert nach Kanada oder in die USA.

Der Versuch, mit Routingtricks Inhalte, ob Auschwitzlüge oder Bauanleitungen für Hakenkrallen, aus irgendwelchen Netzen fernzuhalten, ist allerdings auch ziemlich aussichtslos. Wer etwa am Alta Vista geeignet sucht, wird auf jede Menge Mirror Sites der radikal stoßen, die noch problemlos erreichbar sind; zudem gibt es Dienste wie den Anonymizer, über den mensch sich des Routings eines ganz anderen, vielleicht freieren Netzwerks bedienen kann. It is fast, it is easy, and it is free, wie Anonymizer wirbt -- das mit dem fast wird mensch relativieren müssen, aber es gibt Ausweichmöglichkeiten, etwa den eigentlich gegen chinesische Zensurversuche gerichteten Server nanjing.spc.uchicago.edu. Es bleibt, dass die Zensurversuche des DFN schlicht peinlich sind.

XS4ALL selbst übrigens hat zu diesen Vorgängen eine Pressemitteilung verfasst, mehr zum Thema kann mensch auf de.soc.zensur und bei der FU Berlin nachlesen.

Der Geschäftsführer des DFN, Klaus-Eckart Maass, ist mit der Sperrung einer Aufforderung des Bundeskriminalamts vom 2.4.97 nachgekommen. Das Bundeskriminalamt darf zwar keine Zensur (oder vergleichbares) anordnen -- dazu ist nur ein Richter befugt. Maass behauptet allerdings, nach dem Teledienstgesetz §4 Abs. 4 zur Sperrung verpflichtet gewesen zu sein. "Ich möchte wegen der radikal-Seiten nicht ins Gefängis gehen," so wird Maass von der jungen Welt zitiert. Peinlich dabei nur, dass das Teledienstgesetz am 18.4. erst in der ersten Lesung war und mithin noch keine irgendwie geartete Rechtskraft hat...

Nachtrag (21.4.97): Seit heute ist www.xs4all.nl offenbar wieder im Routing des DFN. Ob das als Eingeständnis einer Niederlage zu werten ist, als technische Panne oder gar als Akt der Liberalität, darüber kann wohl nur spekuliert werden.

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Strafe wird kommen (23.4.97)

Heute war der vor einiger Zeit angekündigte große Tag: Der Landtag debattierte in zweiter Lesung über das Landeshochschulgebührengesetz, vulgo den Straftausi, in der morgigen dritten Lesung wird er das Machwerk verabschieden. Wird es verabschieden, weil ihr euch nicht gewehrt habt, obwohl wir euch doch an dieser Stelle schon vor einem Monat aufgefordert haben, euch den Tag freizuhalten. Der Weg nach Stuttgart hätte sich gelohnt, große Dinge wären möglich gewesen: Am kleinen Schlossplatz gabs erprobte Aktionen -- Ausmessen des Haushaltslochs, Reanimation der Bildung, psychologische Studienberatung --, Kabarett, Musik und viel Gelegenheit, der Bevölkerung nahezubringen, warum die Gebührengeschichte totaler Quatsch ist. Beinahe wärs sogar zu einer Demo gekommen, sie war schon fertig angemeldet, viel Polizei stand bereit, um einen erneuten Ausflug zum Landtag diesmal doch zu unterbinden. Aber leider guckten sich am Schluss nur zwanzig Menschlein am Bahnhof an und überlegten sich, dass sie vielleicht doch kein allzu beeindruckendes Bild abgeben würden. Vielleicht 50 Studis waren aber doch die ganze Zeit am kleinen Schlossplatz, und dass überhaupt was passierte, war schon mal wirklich gut. Es hätte nur mehr sein dürfen.

Ich darf Paul zitieren: Gottogott ich hab den ganzen Tag nur immer gedacht: "...heute ist einer der schwärzesten Tage für die deutschen Unis!!"

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Klaus von Trotha, BDA (24.4.97)

In der heutigen Ausgabe der jungen Welt ist ein Interview mit Josef Siegers, einem der fünf (!) Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) zu lesen. Siegers war kürzlich durch ein Plädoyer für eine Novellierung des Hochschulrahmengesetzes aufgefallen, was die jw augenscheinlich inspirierte, mal zu sehen, wie genau Siegers' Fähnlein im vorherrschenden Wind flattert. Natürlich ließ Siegers nichts Weltbewegendes vom Stapel, am lustigsten ist wohl noch der Satz, die "Wirtschaft als Hauptabnehmer der Absolventen" fühle sich "mitverantwortlich für die Inhalte des Studiums und die Qualität der Abschlüsse". Was daraus folgt, ist klar: Die ersten Schritte machen die Kultus- und Wissenschaftsminister aller Länder.

Dass genau diese Klientel viele Ketten zu verlieren hätte, wird insbesondere dann deutlich, wenn mensch die Wortwahl des BDA-Menschen goutiert: Genau analoges könnte mensch auch von Trotha (und übrigens auch vom hochschulpolitischen Sprecher der Grünen, Matthias Berninger) zu hören bekommen. Wer da von wem abgeschrieben hat, dürfte in diesem Fall sonnenklar sein: Herr Trotha, das ist leider die Sechs, weg den Zettel, überlassen Sie Ihren Job doch gleich den Jungs vom BDA.

Zum Beleg: (Vorsicht Tabelle -- wenn euer Browser das nicht kann, gibts jetzt Buchstabensalat)

SiegersTrothaBerninger
In der gegenwärtigen Situation hängen die Hochschulen zu sehr an der Leine der Kultus-Bürokratie. Sie haben zu wenig Freiraum für eigenverantwortliches Handeln und damit zu wenig eigenes Profil.Die Landesregierung beabsichtigt, den Hochschulen des Landes mehr Autonomie und Eigenverantwortung zu übertragen und ihnen dadurch mehr Wettbewerb untereinander und verstärktes Wirtschaftlichkeitsdenken einerseits zu ermöglichen, andererseits aber auch aufzuerlegen. Aufgabe der Hochschulen soll es sein, sich auf ihre jeweiligen Stärken und wichtigsten Aufgaben zu konzentrieren und eigenständige Profile für ihre Zukunft, gerade auch im internationalen Wettbewerb, zu bilden. Daß Hochschulen mit besonders attraktiven Angeboten dann [nach dem Einräumen von "eigenen Handlungsmöglichkeiten" für die Unis] mit einem möglicherweise kapazitätsüberschreitenden Ansturm interessierter Studierender konfrontiert werden, ist eine erwünschte Folge eines forcierten Wettbewerbs mittels Profilierung...die Neue Hochschulreform steht unter dem Zeichen von Vielfalt, Autonomie und Entregulierung. Wir müssen uns verstärkt von den Bleigewichten der altbackenen sozialdemokratischen Bildungsideologie lösen.
Die einzelnen Studiengänge sind mit vielerlei Inhalten überfrachtet, die Prüfverfahren ziehen sich zu lange hin. Im internationalen Vergleich sind deswegen die deutschen Absolventen viel zu alt, um angemessen konkurrieren zu können. Das Hochschulstudium, insbesondere das an Universitäten, sollte generell gestrafft und stärker als bisher auf das Berufsleben hin orientiert werden. Überflüssiges Spezialwissen sollte aus den Lehrplänen herausfallenDies erfordert - ebenso wie die Dynamik in Wissenschaft und Forschung - Problembearbeitungskompetenzen, Handlungs-, Orientierungs- und Methodenwissen, Wissen um Verfahren der Informationsgewinnung und -verarbeitung und immer weniger spezialisiertes Detailwissen, das schnell veraltet.
An den Hochschulen werden Forschung und Lehre doch oft nur für den Aktenschrank gemacht. Es wird viel zu wenig aus den finanziellen und personellen Ressourcen der Hochschulen herausgeholt. Die Vergabe von Stellen und Mitteln für die Hochschulen sollte in deutlich stärkerem Maße als bisher leistungsbezogen und damit befristet und projektorientiert sein.

Ein transparenter Wettbewerb führt dazu, daß sich die Top-Standorte für alle nachvollziehbar aufgrund der Studierendennachfrage, der staatlichen Unterstützung und erfolgreiche Bewerbungen um neu ausgeschriebene Forschungsvorhaben und Studiengänge herausbilden. Im internationalen Vergleich brauchen wir diese Top-Universitäten. Der Anreiz, etwas besonderes oder gar ein Spitzenstandort zu sein, wird den Wettbewerb zusätzlich beflügeln.
Zwar wird der eine oder andere zu einer bestimmten Hochschule in X-Dorf oder Y-Stadt nicht gehen können, aber er wird ja nicht generell vom Studium ausgeschlossen.Den Hochschulen soll durch eine Änderung des Hochschulrechts die Möglichkeit eingeräumt werden, einen größeren Einfluß auf die Auswahl geeigneter Bewerber bei der Studienplatzvergabe zu bekommen. Danach sollen in diesen Fällen die Hälfte der Studienbewerber nach der Abiturdurchschnittsnote, 40 % nach dem Ergebnis des von der Hochschule durchgeführten Auswahlverfahrens unter dem Aspekt Eignung u durchgeführten Auswahlverfahrens unter dem Aspekt Eignung und Motivation und 10 % nach der Wartezeit zugelassen werden. Es leuchtet unmittelbar ein, daß aufgrund der Vielfalt der föderalen Schullandschaft und der entsprechend unterschiedlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Abiturs sich daraus kein Rechtsanspruch auf einen bestimmten Studiengang ergibt. Noch weniger ergibt sich daraus ein Anspruch auf einen Studienplatz an einer bestimmten Hochschule.
Wer diese Tabelle ergänzen oder verbessern will, ist dazu herzlich eingeladen
Quellen: jw vom 24.4.97, Koalitionsvertrag BaWü 1996, "Berniger-Papier".

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